Wissenschaftler warnen vor der Gefahr durch "Spiegel-Leben"
Ein internationales Forscherteam, darunter zwei Nobelpreisträger, hat eindringlich vor dem potenziellen Risiko des "Spiegel-Lebens" gewarnt. Dabei handelt es sich um künstlich hergestellte Bakterien, die strukturelle Spiegelbilder natürlicher Mikroben sind und die Abwehrmechanismen von Menschen, Tieren und Pflanzen überfordern könnten.
Trotz der großartigen Fortschritte der synthetischen Biologie, die zu bedeutenden medizinischen Durchbrüchen geführt hat, besteht die Befürchtung, dass diese Technologien eines Tages unbeabsichtigt oder absichtlich tödliche neue Organismen erzeugen könnten. Jack Szostak, Nobelpreisträger und Professor an der Universität Chicago, hat betont, dass robuste Spiegel-Bakterien, sollten sie in die Wildnis freigesetzt oder aus einem Labor entkommen, katastrophale und irreversible Schäden anrichten könnten. Michael Kay von der University of Utah fügte hinzu, dass es durchaus denkbar sei, dass diese Lebewesen alle natürlichen Abwehrmechanismen überwältigen könnten.
Das Konzept des Chiralitätsphänomens, bei dem Moleküle spiegelbildliche Strukturen aufweisen, steht im Zentrum dieser Diskussion. Da die bisherige Zellmaschinerie nicht auf den Umgang mit solchen Spiegel-Mikroben ausgelegt ist, könnten diese Organismen die Immunverteidigungen vieler Lebewesen umgehen und potenziell tödliche Infektionen verursachen.
Einige Forscher befürworten zwar den Einsatz von Spiegel-Biomolekülen im Kampf gegen Krankheiten wie HIV, doch die Herstellung ganzer Spiegel-Bakterien wird von vielen als riskant erachtet. Vor allem das Risiko eines versehentlichen Laborlecks, das bestehende Medikamente nutzlos machen könnte, bereitet Sorge.
Trotz anhaltender Forschung und technologischer Fortschritte besteht Einigkeit darüber, dass globale Richtlinien und Maßnahmen notwendig sind, um diese neue Bedrohung einzudämmen. Professor Vaughn Cooper von der University of Pittsburgh plädiert für die Einführung koordinierter internationaler Beschränkungen, während er die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung lebensfähiger Spiegel-Zellen in den kommenden zehn Jahren als hoch einschätzt.
Das Rätsel des Spiegel-Lebens gewinnt zusätzlich an Brisanz durch Entdeckungen, dass E. coli selbst chiralfreie Nahrungsquellen nutzen kann, was frühere Annahmen über die Unmöglichkeit der Existenz solcher Mikroben in Frage stellt. Die potenzielle Bedrohung solcher Organismen bleibt somit ernsthaft, warnen Experten wie Professor Eörs Szathmáry.