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Wie Start-up-Anteile zum Trugbild von Reichtum wurden

08. April 2025, 10:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Wie Start-up-Anteile zum Trugbild von Reichtum wurden
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Schätzungen zufolge reservieren viele europäische Scale-ups rund ein Zehntel der Unternehmensanteile für Mitarbeiter – häufig ohne klaren Auszahlungsmechanismus oder Exit-Perspektive.
Sie arbeiteten für weniger Gehalt, in der Hoffnung auf Millionen – jetzt bleiben ihnen oft ein paar Euro im Mitarbeiter-Depot. Der Kollaps bei Solaris und Co. zeigt: Die Start-up-Vergütungskultur steckt in der Glaubwürdigkeitskrise.

Login bei Shareworks. Blick auf das Depot. Stille. Was einmal sechsstellige Summen wert war, reicht heute noch für ein Abendessen beim Italiener – mit Vorspeise.

So sieht sie aus, die neue Realität vieler Mitarbeiter früherer Start-up-Hoffnungen wie Solaris, Klarna oder Nuri. Was als Versprechen auf Wohlstand begann, endet für viele in Ernüchterung. Die oft zitierten „goldenen Anteile“ erweisen sich mehr und mehr als Kupferblech.

Solaris: Vom Milliardenversprechen zum Notverkauf

Das Berliner Fintech Solaris galt lange als heimlicher Star der deutschen Finanz-Start-up-Szene. Die Firma, die für andere als Bank im Hintergrund fungierte, sammelte Kapital von namhaften Adressen: Visa, SBI, BBVA.

Die Bewertung kletterte auf 1,6 Milliarden Euro. Mitarbeiteraktien notierten zwischenzeitlich bei über 7.000 Euro – manche Depots zeigten siebenstellige Summen.

Dann kam der Absturz. Nach aufsichtsrechtlichen Problemen, Rückzügen von Partnern und strategischer Orientierungslosigkeit folgte Anfang 2025 der stille Notverkauf an Hauptinvestor SBI.

Übrig blieben: 10 Cent pro Aktie. Wer glaubte, seinen Traum-Exit vorbereitet zu haben, wachte mit einem Taschenrechner in der Hand wieder auf.

„Ich hätte lieber in einen Shitcoin investiert“

Es sind Aussagen wie diese, die zeigen, wie tief die Enttäuschung sitzt. Denn für viele Mitarbeiter war der finanzielle Verzicht auf marktübliches Gehalt keine vorübergehende Entscheidung, sondern ein jahrelanges Investment in eine Vision – und in das eigene Vermögen.

Die meisten hatten das Versprechen verinnerlicht: Wer jetzt einsteigt, profitiert beim großen Exit. Nur: Der Exit kam nicht. Und wenn doch, dann nicht für sie.

Viele Beteiligungsprogramme sind an Vesting und Exit gebunden. Ohne Börsengang oder Verkauf bleiben sie wertlos – oder führen sogar zu Steuerpflichten auf fiktive Gewinne.

Der stille Totalschaden in der Excel-Zeile

Das Kalkül war klar: Gründer und Investoren nutzen Beteiligungsprogramme, um Top-Leute anzuziehen, die sich sonst bei SAP, BCG oder McKinsey verdingt hätten. Gehalt minus X, dafür Anteile mit dem Potenzial zum Vielfachen.

Bei manchen Unternehmen machten Mitarbeiterbeteiligungen bis zu 10 % des gesamten Cap Tables aus – ein Instrument, das kulturell fast zur Pflicht geworden ist.

Doch viele verkannten die Realität: Start-up-Anteile sind keine liquide Vermögenswerte. Sie sind illiquide, hochriskant, an Exit-Szenarien gebunden – und vollständig abhängig von Investorenentscheidungen und Bewertungszyklen. Wer früh einstieg, wurde durch spätere Downrounds oft verwässert oder verlor jede Verhandlungsbasis. Wertige Exit-Optionen? Fehlanzeige.

Klarna, Nuri, Grover – die Liste wird länger

Solaris ist kein Einzelfall. Auch beim schwedischen Zahlungsanbieter Klarna verloren Mitarbeiter nach einer dramatischen Abwertung von 45 Milliarden auf unter 7 Milliarden Dollar binnen 18 Monaten den Großteil ihres Papiervermögens.

Der Berliner Anbieter Nuri ging 2022 unter, Grover strauchelte mehrfach und fror Beteiligungsoptionen ein. Immer häufiger lautet der Tenor: Das Modell funktioniert nur in Boom-Zeiten.

Und genau die sind vorbei. Zinserhöhungen, geopolitische Unsicherheiten, Investorenflaute – das einst so warme Start-up-Klima ist abgekühlt. Kapitalgeber werden vorsichtiger, Bewertungen zurückhaltender, Secondaries seltener.

Die stille Krise der Mitarbeitermotivation

Die finanziellen Verluste sind nur ein Teil der Geschichte. Was bleibt, ist Vertrauensverlust. Wer einmal erlebt hat, wie sich ein Millionenversprechen in ein paar digitale Cent verwandelt, wird beim nächsten Jobangebot genauer hinsehen. Die Start-up-Szene kämpft damit nicht nur um frisches Kapital, sondern auch um Glaubwürdigkeit.

Gerade junge Talente beginnen zu hinterfragen, ob es sich lohnt, für Visionen und Slide-Decks auf sichere Gehälter und reale Aktienprogramme zu verzichten. „Die Illusion des Reichtums“, wie sie ein Ex-Solaris-Mitarbeiter nennt, hat Risse bekommen – und mit ihr das System der Beteiligung als Teil moderner Vergütung.

Was jetzt auf dem Spiel steht

Wenn Start-ups Talente künftig wieder mit Anteilen locken wollen, braucht es mehr Transparenz, mehr Fairness und vor allem: mehr Realismus. Beteiligungen sind kein Lottoschein. Sie sind Risiko – und sollten als solcher behandelt werden. Ohne romantische Überhöhung. Ohne Powerpoint-Märchen.

Denn wer langfristig kluge Köpfe gewinnen will, muss mehr bieten als bloße Exit-Hoffnung. Die Reichtumsillusion funktioniert vielleicht einmal – aber sicher nicht zweimal.

Finanzen / Startups & VC
[InvestmentWeek] · 08.04.2025 · 10:00 Uhr
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