Wer verdient an den steigenden Lebensmittelpreisen? Die überraschenden Gewinner und Verlierer
Einkaufen wird zum Luxus. Wer heutzutage in den Supermarkt geht, spürt die gestiegenen Preise deutlich im Geldbeutel. Seit 2020 sind Lebensmittel um rund 33 Prozent teurer geworden.
Doch während die Verbraucher darunter ächzen, stellt sich die Frage: Wer profitiert von dieser Entwicklung? Eine exklusive Analyse von 70 Produzenten und Händlern liefert dazu eine klare Antwort – und überrascht mit einem klaren Verlierer: dem Mittelstand.
Gewinne steigen, aber nicht für alle
Zunächst die Fakten: Große Handelskonzerne wie Rewe, Metro oder Carrefour haben ihre Gewinne im vergangenen Jahr nur moderat gesteigert. Die Gewinne vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legten im Schnitt um 3,8 Prozent zu.
Ähnlich sieht es bei den globalen Markenherstellern aus: Nestlé, Unilever oder AB Inbev schafften ein Plus von etwa drei Prozent. Auf den ersten Blick scheint das eine gute Nachricht für die großen Player zu sein. Doch gemessen an der Inflation von über 12 Prozent ist dieser Zuwachs geradezu bescheiden.
Der wahre Verlierer: Der Mittelstand
Während die Großen sich behaupten, trifft es die mittelständischen Produzenten besonders hart. Unternehmen wie Frosta oder Weleda verzeichneten einen dramatischen Rückgang ihrer Gewinne um 10,1 Prozent.
Der Mittelstand steht mit dem Rücken zur Wand.
„Der Gewinnrückgang ist schockierend“, sagt Kai Hudetz, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts IFH Köln.
Die kleineren Hersteller haben im Gegensatz zu den internationalen Konzernen kaum Verhandlungsmacht gegenüber den großen Handelsketten.
Warum der Handel dominiert
Das Problem ist klar: Vier große Handelsketten – Aldi, Lidl, Edeka und Rewe – kontrollieren den deutschen Markt. Mittelständler, die den Großteil ihres Umsatzes in Deutschland erzielen, sind stark von diesen Giganten abhängig.
„Das Kräfteverhältnis ist ungleich“, bestätigt Oliver Schwegmann, Vorstand des Spirituosenherstellers Berentzen.
Er weiß, wovon er spricht: Berentzen erzielt drei Viertel seines Umsatzes mit den vier großen Ketten.
Für die mittelständischen Produzenten ist das eine bittere Situation. Sie müssen sich den Konditionen des Handels beugen, während die globalen Konzerne dank ihrer Größe und Marktmacht international ausweichen können. Die Kleinen kämpfen, die Großen verhandeln.
Markenhersteller spielen hart – Mittelständler nicht
Die Großen können sich mehr erlauben. Coca-Cola setzte seine Lieferungen an Edeka aus, um höhere Preise durchzusetzen. Ein mittelständisches Unternehmen könnte sich so einen Schritt schlicht nicht leisten. Für die globalen Player ist es ein Spiel, für die Kleinen geht es um das Überleben.
„Wir haben bewusst Absatzverluste in Kauf genommen“, sagt John Galvin, Chef von Coca-Cola Europacific Partners.
Solche Machtspiele sind nur für große Konzerne machbar. Mittelständler wie Berentzen hingegen haben weder die finanziellen Mittel noch die Marktstellung, um einen Preiskampf dieser Art durchzustehen.
Verbraucher zahlen die Zeche
Was bedeutet das für die Verbraucher? Die Preise bleiben hoch, das ist klar. „Die Kostensituation bleibt extrem angespannt“, erklärt Felix Ahlers, Chef von Frosta. Zwar steigen die Preise langsamer als noch im letzten Jahr, aber sie steigen weiter. Die Lieferketten sind weiterhin gestört, die Energiekosten bleiben ein Problem – und der Mittelstand leidet.
Viele kleinere Hersteller können die hohen Kosten nicht mehr stemmen und stehen kurz vor dem Aus. Die Folge: weniger Vielfalt im Supermarkt und eine noch stärkere Konzentration auf die großen Konzerne.
Der Mittelstand blutet aus, die Großen halten durch
Die Analyse zeigt: Nicht die großen Konzerne und Händler haben von den Preissteigerungen übermäßig profitiert. Sie haben sich über Wasser gehalten, aber der wirkliche Verlierer ist der Mittelstand. Die kleinen und mittelständischen Produzenten, die stark auf den deutschen Markt angewiesen sind, haben die Preisverhandlungen verloren – und zahlen dafür den Preis.
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