Was Alkohol mit unserem Gehirn macht – und warum der Kater unvermeidlich ist
Sechs Minuten nach dem ersten Schluck erreicht Alkohol das Gehirn und entfaltet eine paradoxe Wirkung: Euphorie auf der einen Seite, verlangsamte Reaktionen auf der anderen.
Doch was genau passiert dabei im Kopf? Ein Blick in die Wissenschaft zeigt, wie Alkohol Zellprozesse stört und warum der nächste Morgen oft zur Qual wird.
Euphorie durch Botenstoffe – die verlockende Wirkung
Der Rausch beginnt mit einem Schub von Endorphinen, Dopamin und Serotonin. Diese Botenstoffe sorgen für das Gefühl von Entspannung und Enthemmung. „Wir fühlen uns lockerer und geselliger, weil bestimmte Hirnregionen durch Alkohol stimuliert werden,“ erklärt Martin Morgenthaler, Leitender Oberarzt der Neurologie am Westpfalz-Klinikum.
Doch die angenehme Wirkung ist nur ein Teil der Geschichte. Parallel dazu dämpft Alkohol in den meisten anderen Hirnregionen die Reizübertragung. Die Kommunikation zwischen den Zellen wird langsamer, das Reaktionsvermögen sinkt, und auch die Fähigkeit, Situationen richtig einzuschätzen, leidet.
Filmriss: Wenn Erinnerungen verschwinden
Im Extremfall führt diese Dämpfung zu einem sogenannten Filmriss. Dabei wird das Kurzzeitgedächtnis von der Übertragung ins Langzeitgedächtnis abgeschnitten.
„Medizinisch gesehen handelt es sich um eine Amnesie für aktuelle Erlebnisse,“ so Morgenthaler.
Je schneller und mehr Alkohol konsumiert wird, desto höher das Risiko eines solchen Gedächtnisverlusts. Die Wahrscheinlichkeit steigt ebenfalls, wenn verschiedene alkoholische Getränke gemischt oder zusätzlich Drogen konsumiert werden.
Brummschädel am Morgen
Die Kopfschmerzen nach einer durchzechten Nacht sind das Ergebnis mehrerer chemischer Prozesse. Beim Abbau von Alkohol entsteht Acetaldehyd, das körpereigene Botenstoffe verändert und freie Radikale freisetzt. „Diese Verbindungen reizen die Nerven und führen zu den typischen Katerbeschwerden,“ erläutert Morgenthaler.
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Hinzu kommt der Flüssigkeitsverlust, der durch häufigeres Wasserlassen verursacht wird. Die Dehydrierung wirkt sich negativ auf das Gehirn aus und verstärkt die Kopfschmerzen.
Gestörter Schlaf und Albträume
Obwohl Alkohol anfangs das Einschlafen erleichtert, stört er später die Schlafstruktur erheblich. „Viele wachen nachts auf, weil die beim Alkoholabbau entstehenden Giftstoffe den Körper belasten,“ erklärt Morgenthaler.
Zudem reduziert Alkohol den Tiefschlaf, der normalerweise wichtige Hirnregionen regeneriert. Die Aktivität des Frontallappens bleibt erhalten, was die Wahrscheinlichkeit negativer Träume erhöht. Das Ergebnis: ein Gefühl der Zerschlagenheit am nächsten Tag.
Wie man den Morgen danach mildert
Weniger leiden diejenigen, die abwechselnd Wasser trinken oder den Alkohol komplett meiden. Als hilfreich gilt auch Orangensaft, der dem Körper verloren gegangene Flüssigkeit und Vitamine zurückgibt. „Am besten ist natürlich ein alkoholfreier Start ins neue Jahr,“ rät Morgenthaler.