Waffenstillstand ohne Strategie – Trumps Ukraine-Politik wankt
Die Verhandlungen zwischen den USA und Russland über ein Ende des Ukraine-Kriegs laufen seit zwei Monaten – und drehen sich im Kreis. Während Wladimir Putin weiter angreifen lässt, bleibt US-Präsident Trump vage. In Brüssel wächst der Unmut über die fehlende Einbindung Europas und das zögerliche Vorgehen Washingtons.
Moskau bombardiert, Washington laviert
Es ist der Palmsonntag, als in der ukrainischen Stadt Sumi 34 Menschen durch russische Angriffe sterben. Darunter zwei Kinder. 117 Menschen werden verletzt. US-Außenminister Marco Rubio verurteilt die Attacke scharf – doch der Kurs der USA bleibt widersprüchlich. Während die eine Seite in Washington erklärt, die Gespräche mit Moskau liefen „gut“, warnt die andere vor „begrenzter Geduld“. Ein erkennbarer Plan fehlt.
„Keinerlei Wirkung“ hätten die US-Verhandlungen bislang entfaltet, heißt es in EU-Diplomatenkreisen. Im Gegenteil: Die Intensität der russischen Luftangriffe habe in den letzten Wochen sogar zugenommen.
Kiew meldet seit März über 100 gezielte Angriffe auf Infrastruktur, darunter allein zwölf auf Umspannwerke und Eisenbahnknotenpunkte im Osten des Landes.
Trump steckt fest – und schweigt
Donald Trump hatte bei seinem Amtsantritt Anfang des Jahres groß angekündigt, binnen 100 Tagen einen Deal mit Putin auszuhandeln. Doch nach inzwischen mehr als 60 Tagen ist von dem Tempo nichts geblieben.
Während der frühere General Keith Kellogg als US-Sonderbeauftragter mit russischen Unterhändlern verhandelt, begnügt sich Trump mit schwammigen Kommentaren: Die Gespräche „scheinen okay zu sein“, sagte er am Wochenende auf dem Rückflug von Florida. Mehr nicht.
Hinter den Kulissen wächst laut europäischen Beobachtern der Druck auf Trump. Die massiven Kursverluste an den US-Anleihemärkten in den Wochen nach seiner Zollankündigung haben gezeigt, wie schnell wirtschaftspolitische Drohgebärden nach hinten losgehen können.
Ein gescheiterter Waffenstillstand in der Ukraine wäre ein weiteres Risiko – nicht nur für Trumps außenpolitische Glaubwürdigkeit, sondern auch für die fragile geopolitische Lage Europas.
Putin lässt sich nicht hetzen
In Moskau sieht die Lage anders aus. Putin lässt keinen Zweifel daran, dass er sich nicht zu einem voreiligen Frieden drängen lässt. Anders als Trump stehe er nicht unter Erfolgsdruck, heißt es in Brüssel.
Jeder weitere Kriegstag bringe für ihn taktische Vorteile – er könne Eroberungen konsolidieren, politische Gegner zermürben und den Westen gegeneinander ausspielen.

Militärisch hat Russland zuletzt vor allem in der Region Luhansk Geländegewinne gemacht. In Brüssel wird bezweifelt, dass die US-Regierung derzeit bereit wäre, Moskau in dieser Phase ein glaubhaftes Gegengewicht entgegenzusetzen.
Europa bleibt außen vor – soll aber zahlen
Brisant ist nicht nur das mangelnde Tempo der Verhandlungen – sondern auch die fehlende europäische Beteiligung. Weder die EU noch einzelne europäische Staaten sitzen aktuell mit am Tisch, wenn Russland und die USA über die Zukunft der Ukraine sprechen.
„Wir sollen den Frieden bezahlen, aber nicht mitreden“, bringt es ein Diplomat in Brüssel auf den Punkt.
Dabei ist klar: Sollte es zu einem Waffenstillstand kommen, würde Europa wohl nicht nur für humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und militärische Absicherung aufkommen müssen, sondern auch für mögliche Kompromisse bei den Sanktionen gegen Russland. Und genau hier wird es heikel.
Denn je länger die Gespräche ohne europäische Beteiligung laufen, desto größer ist die Gefahr, dass zentrale Fragen – etwa zur territorialen Integrität der Ukraine oder zu den Bedingungen für ein Ende der Sanktionen – im Alleingang zwischen Washington und Moskau geregelt werden.
Ein Ultimatum in Golfhosen
Als inoffizielle Frist gilt derzeit der 21. April – der Sonntag nach Ostern. Laut Informationen aus Brüssel soll Finnlands Präsident Alexander Stubb bei einem Golfspiel mit Trump genau dieses Datum als Deadline vorgeschlagen haben. Spätestens dann müsse sich Putin erklären, ob er ernsthaft an einem Waffenstillstand interessiert sei.
Ansonsten drohe ein weiteres Kriegsjahr – mit unklaren Fronten, wachsendem Misstrauen zwischen den Partnern und wachsender Kriegsverdrossenheit in der westlichen Bevölkerung.
Die EU steht dabei nicht nur vor einem geopolitischen Problem, sondern auch vor einem strategischen Dilemma. Sie ist der Hauptzahler, der Hauptbetroffene – aber derzeit nicht einmal ein Gesprächspartner.