Rebeccas Martyrium: Von Vergewaltiger verschleppt
Rostock (dpa) - Ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter hat die 17-Jährige Rebecca aus Rostock verschleppt - immer wieder soll er sie vergewaltigt haben.
Der 28 Jahre alte Mario B. war erst im vergangenen Jahr aus dem Gefängnis entlassen worden und stand noch unter Führungsaufsicht, wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Rostock bekanntgaben. In der Nacht zum vergangenen Samstag sei er zufällig auf die Jugendliche getroffen, habe sie angegriffen, missbraucht und gezwungen, mitzukommen. Erst nach knapp viertägigem Martyrium gelang Rebecca die Flucht.
«Die Schäden, die sie durch diese fürchterliche Tat erlitten hat, können wir uns alle wahrscheinlich nur begrenzt vorstellen», sagte der Rostocker Polizeipräsident Thomas Laum. Die 17-Jährige befinde sich in ärztlicher Behandlung. Auch ein Polizeiseelsorger habe sich um sie gekümmert, es gehe ihr den Umständen entsprechend gut.
Gegen den Beschuldigten wurde Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vergewaltigung in drei Fällen vor, einmal in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in zwei Fällen mit Freiheitsberaubung, wie Staatsanwalt Andreas Gärtner mitteilte.
Zu dem Vorwurf der Vergewaltigung habe sich Mario B. nicht geäußert. «Im übrigen hat er eingeräumt, das Mädchen angegriffen und dazu veranlasst zu haben, sich in seine Wohnung zu begeben. Er hat auch eingeräumt, dass er das Mädchen dann bis zum gestrigen Tage in der Wohnung festgehalten hat», sagte Gärtner.
Der Beschuldigte sei bereits 1999 unter anderem wegen Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Zum Tatzeitpunkt war er gerade einmal 14 Jahre alt. Danach habe es weitere Verurteilungen unter anderem wegen Raubes, räuberischer Erpressung und Körperverletzung gegeben. Erst im August 2011 sei der Rostocker aus dem Gefängnis entlassen worden und habe seither unter Führungsaufsicht gestanden.
«Im Rahmen dieser Führungsaufsicht sind keinerlei Beanstandungen seitens der Führungsaufsichtsstelle bekanntgeworden», sagte Gärtner. «Er hat sich bislang gut bewährt. Er hat eine Ausbildung zum Koch absolviert und es traten keinerlei Auffälligkeiten hervor, die Anlass zu der Annahme gaben, dass er weitere Straftaten begehen wird, insbesondere Sexualdelikte.» Bei einer Führungsaufsicht muss sich der Betroffene bei seinem Bewährungshelfer melden. Geschieht das nicht, wird der Helfer aktiv.
Zu der Frage, warum nicht gleich nach dem Verschwinden Rebeccas auch der einschlägig bekannte Mario B. überprüft worden sei, sagte der Sprecher der Rostocker Polizei, Michael Ebert: Er sei überzeugt, dass die Polizei den mutmaßliche Täter auch schnell im Rahmen der Fahndung selbst gefunden hätte. Er gehörte in die Gruppe der Männer, die überprüft worden wären.
Rebecca, die nach einem Disco-Besuch zu Fuß auf dem Weg zu einer Verabredung mit einem Freund war, begegnete ihrem Peiniger in der Nacht zum Samstag offenbar zufällig. Mario B. war nach bisherigen Ermittlungen mit dem Fahrrad unterwegs zum Zigarettenholen. Er habe das Mädchen angerempelt, mit einem Messer schwer an der Hand verletzt und dort schon das erste Mal sexuell missbraucht, sagte Laum. Anschließend habe er sie in seine Wohnung verschleppt, «wo er sie festhielt, immer wieder auch fesselte und schlug, mit einem Messer bedrohte und erneut mehrfach sexuell missbrauchte».
Während der fast viertägigen Gefangenschaft habe Mario B. auch mit seinem Opfer gesprochen. Rebecca habe Ihr Essen gegeben und sie habe mitbekommen, dass fieberhaft nach ihr gesucht wurde. Nur wenn ihr Peiniger die Wohnung verließ, sei sie gefesselt worden. Die Nachbarn waren ahnungslos, wussten nicht, was sich in dem Mehrfamilienhaus abspielte.
Erst am Dienstag konnte sich die Jugendliche befreien. Der Beschuldigte habe sie gefesselt allein in der Wohnung zurückgelassen. Nachdem sie die Fesseln gelöst habe, sei sie durch ein Fenster der Zweizimmerwohnung im Hochparterre geflohen, schilderte Laum. Erst nach mehreren erfolglosen Versuchen habe die 17-Jährige schließlich einen Autofahrer anhalten können, der sich dann um sie gekümmert und die Polizei gerufen habe.
Der Polizeipräsident sprach von Erleichterung und Freude, dass Rebecca noch am Leben und nun bei ihrer Familie ist. «Allerdings fällt es mir schwer, von einem guten Ende zu sprechen.»