US-Wohnkrise: Politik im Krisenmodus
Die aktuelle US-Wohnkrise hat die politische Bühne erobert und sowohl Demokraten als auch Republikaner bemühen sich um Lösungen. Der Bürgermeister von Phoenix bezeichnet die Lage als „all hands on deck challenge“, während sein Kollege in Columbus die Belastung auf „jeder Stufe der sozioökonomischen Leiter“ beschreibt. New Yorks Bürgermeister drängt darauf, in den Wohnungsbau einzusteigen.
Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat detaillierte Vorschläge vorgestellt, wie etwa Steuergutschriften für Bauherren und 25.000 Dollar Anzahlungshilfe für bestimmte Käufer. Ihr Kontrahent Donald Trump setzt auf Bundesland-Öffnungen für Wohnungsbau und Abbau von Regulierungen zur Verbesserung der Erschwinglichkeit.
Die Wohnkosten haben laut einem Index der Federal Reserve Bank of Atlanta ihren niedrigsten Stand seit 2006 erreicht. Das liegt teils an den gestiegenen Zinsen zur Inflationsbekämpfung und dem seit 2008 anhaltenden Angebotsschock. Der Bürgermeister von San Diego, Todd Gloria, betont die Notwendigkeit von Bundeshilfe, um das Problem zu lösen.
In den nächsten zwei Monaten stehen die Stimmen frustrierter Käufer und Mieter in wahlentscheidenden Staaten auf dem Spiel, was die Präsidentschafts- und Kongressmehrheit bestimmen könnte. Langfristig bedroht die Situation die Fähigkeit von Lehrern und Ersthelfern, in den Städten zu leben, in denen sie arbeiten. Zudem sind viele Bürger um die Vermögensbildung durch Eigenheim besorgt.
In entscheidenden Swing-Staaten wie Arizona, Georgia und Michigan haben sich die monatlichen Raten fürs Eigenheim seit 2020 nahezu verdoppelt. Bloomberg-News-Umfragen zeigen, dass Wähler die Wirtschaft als wichtigste Priorität sehen, wobei die Wohnkosten höher gewichtet werden als Arbeitslosigkeit oder Zinssätze.
Harris hat ihren Wohnungsbauplan prominent in ihrer ersten Debatte mit Trump erwähnt und auch Werbekampagnen in betroffenen Staaten wie Arizona und Nevada gestartet. Eine Gruppe namens „YIMBYs For Harris“ sammelte über $100.000 für ihre Kampagne. Harris wird in der Umfrage der August-Wähler über Trump zugetraut, das Wohnkostenproblem zu lösen.
Harris plant zudem Maßnahmen gegen Mietpreissteigerungen durch Großvermieter und Banken. Trumps Gegenvorschläge beinhalten Steuererleichterungen und die Freigabe von Bundesflächen. Während Harris eher bei der Demokraten-Basis punktet, steht Trump mit dem Versprechen, Inflation zu bekämpfen und Hypothekenzinsen zu senken.
Ökonom Mark Zandi rät jedoch, dass eine Ausweitung des Angebots Voraussetzung für Harris' Anzahlungshilfe ist, um Preissteigerungen zu vermeiden. Er betrachtet vier Jahre für den Bau von 3 Millionen Wohneinheiten als ehrgeizig, hält aber fünf bis acht Jahre für realistisch.
Trumps Pläne, Bundesland für Wohnungsbau zu nutzen, stoßen indes auf logistische Hürden, da diese oft weit von Ballungszentren entfernt liegen. Überdies ist die Rolle von Migranten auf dem Wohnungsmarkt komplex, mit positiven wie negativen Effekten.
Unabhängig vom Wahlausgang bleibt das Problem lokaler Regulierungen und Zonenvorschriften, die von politischer Einstellung, demografischen Veränderungen und sozioökonomischen Faktoren geprägt sind.
Multifamilienbauprojekte zielen meist auf vermögende Einpersonenhaushalte, während bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Nach der Finanzkrise 2008 und der pandemiebedingten ökonomischen Belastung ist der Wohnungsbau weiter ins Stocken geraten. Die Krise hat durch die Pandemie, Inflation und steigende Zinsen eine neue Dramatik erreicht, konstatiert Patrick Gaspard vom Center for American Progress.