US-Staatsanleihen unter Druck – Trumps Attacken auf Fed verstärken Risikoaufschläge
Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen ist auf 4,4 Prozent gestiegen – ein Niveau, das zuletzt bei den Marktturbulenzen Anfang April erreicht wurde. Grund ist nicht allein die makroökonomische Lage, sondern vor allem politischer Druck: Donald Trumps öffentliche Attacken auf Fed-Chef Jerome Powell und seine Forderung nach niedrigeren Zinsen haben einen spürbaren Risikoaufschlag auf dem Treasury-Markt ausgelöst.
Obwohl Trump Anfang der Woche zurückruderte und erklärte, er habe „keine Absicht“, Powell zu entlassen, bleibt bei Investoren Misstrauen. „Wenn man es einmal gesagt hat, ist es gesagt“, kommentiert Andrew Chorlton von M&G Investments. Die Diskussion um die Unabhängigkeit der US-Notenbank wirkt bereits in die Kurse hinein: Die Zinsstruktur der Treasuries enthält nun ein deutliches Misstrauenssignal.
Der sogenannte Risikoaufschlag – der Unterschied zwischen US-Treasuries und als besonders sicher geltenden deutschen Bundesanleihen – liegt aktuell bei etwa 1,9 Prozentpunkten. Noch vor wenigen Wochen waren es weniger als 1,3. Damit wird die Weltleitwährung auch als sicherer Hafen zunehmend hinterfragt.
Marktteilnehmer vergleichen die Situation mit Entwicklungen in Schwellenländern. William Campbell von DoubleLine Capital verweist auf die Türkei, wo politische Eingriffe in die Geldpolitik massive Kapitalabflüsse und eine Vertrauenskrise ausgelöst hatten. „Wenn Regierungen beginnen, in die Zentralbankpolitik einzugreifen, untergräbt das ein zentrales Fundament des Marktes.“
Tobias Adrian vom Internationalen Währungsfonds sieht die Unabhängigkeit der Notenbanken als entscheidend für Stabilität. Zwar äußerte er sich nicht konkret zu Trump, betonte jedoch, dass jede Infragestellung dieser Unabhängigkeit Unsicherheit schaffe.
Analysten befürchten, dass Trump trotz seines Rückziehers weiter Einfluss auf die Geldpolitik nehmen könnte – etwa durch eine frühzeitige Nominierung eines Nachfolgers für Powell. Namen wie Kevin Warsh und Kevin Hassett machen bereits die Runde. Warsh war 2023 noch scharfer Kritiker der Fed-Politik, gilt jedoch als möglicher Kandidat, wenn er sich Trumps Linie anschließt.
Das Damoklesschwert eines „shadow chair“, also eines informellen Nachfolgers mit Einfluss auf Markterwartungen, verunsichert viele. „Die US-Finanzmärkte sind verletzlicher geworden“, sagt Robert Tipp von PGIM Fixed Income. „Und es ist unklar, wer sich einem solchen Zug noch in den Weg legen kann, wenn er erst einmal rollt.“