US-Regierung setzt Harvard unter Druck: Internationale Studierende im Visier einer politischen Eskalation
Mit einem Ultimatum bis zum 30. April erhöht das US-Heimatschutzministerium den Druck auf Harvard. In einem Schreiben fordert die Behörde detaillierte Informationen über alle internationalen Studierenden – darunter Angaben zu mutmaßlich illegalem, gefährlichem oder gewalttätigem Verhalten. Andernfalls werde die Zertifizierung für das „Student and Exchange Visitor Program“ entzogen, was einer faktischen Exmatrikulation aller ausländischen Studierenden gleichkäme.
Im Zentrum der Eskalation steht die Weigerung der Universität, einer Reihe weitreichender Forderungen der Regierung Folge zu leisten. Dazu zählt die Offenlegung inneruniversitärer Positionen zu geopolitischen Themen, ein Schritt, den Präsident Alan Garber als verfassungswidrigen Eingriff in die akademische Selbstverwaltung bezeichnet. Die Rede ist von einer "direkten staatlichen Regulierung intellektueller Bedingungen".
Etwa 10.000 internationale Studierende sind aktuell an Harvard eingeschrieben. Sie bringen nicht nur akademische Diversität, sondern auch erhebliche Einnahmen – in vielen Fällen in Form vollständiger Studiengebühren. Das macht sie für US-Eliteuniversitäten zu einem wirtschaftlichen Standbein. Laut der Non-Profit-Organisation NAFSA generierten internationale Studierende im akademischen Jahr 2023/24 rund 43,8 Milliarden Dollar für die US-Wirtschaft.
Bereits zuvor hatte die Regierung zwei laufende Förderprojekte in Höhe von 2,7 Millionen Dollar gestoppt und Harvard als „ungeeignet“ für staatliche Mittel eingestuft. Begründet wurde der Schritt mit „schockierend verzerrten“ Forschungsarbeiten.
Die jüngste Maßnahme reiht sich in eine Serie von Eingriffen ein. Seit Jahresbeginn wurden mehr als 300 Visa internationaler Studierender ohne Vorankündigung widerrufen. Die Unsicherheit auf den Campussen ist greifbar, erste Klagen sind anhängig.
Die Bundesregierung argumentiert mit einer „feindlichen Lernumgebung für jüdische Studierende“ an Harvard und nutzt diese zur Begründung ihrer Forderungen. Die Universität verweist dagegen auf eigene Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus. In internen Mitteilungen betont Garber, dass viele der aktuellen Schritte der Exekutive wenig mit Sicherheit zu tun hätten – sondern vielmehr mit Kontrolle.
Die Auseinandersetzung trifft eine empfindliche Nahtstelle des amerikanischen Hochschulsystems: die internationale Anziehungskraft und finanzielle Unabhängigkeit seiner Eliteinstitutionen. Ein Entzug der SEVP-Zertifizierung wäre ein Präzedenzfall – mit weitreichenden Folgen für das Vertrauen in den Bildungsstandort USA.