"The Haitian Times" trotzt Anfeindungen und bleibt standhaft
Garry Pierre-Pierre, der seit fast vier Jahrzehnten im Journalismus tätig ist, hat zahlreiche Bedrohungen und offenen Rassismus von Lesern seiner Arbeit erlebt. Doch in den letzten Tagen erreichte der Hass ein neues Niveau. Seine Publikation, The Haitian Times, berichtete über haltlose Behauptungen, dass haitianische Bewohner von Springfield, Ohio, die Haustiere ihrer Nachbarn essen würden.
In den vergangenen Tagen führten rassistische Bemerkungen auf der Website dazu, dass Pierre-Pierre die Kommentarspalte schloss. Die Chefredakteurin der Sonderprojekte, Macollvie Neel, wurde 'geswatet' – Polizisten wurden unter falschem Vorwand, jemand sei ermordet worden, zu ihrer Adresse geschickt. Eine von The Haitian Times interviewte Frau erhielt Drohungen und bat um die Entfernung ihres Namens aus dem Artikel.
'Ich habe schon über verrückte Sachen berichtet,' sagte Pierre-Pierre. 'Aber so etwas habe ich noch nie erlebt.'
Die falschen Behauptungen über Haitians in Springfield griffen schnell in den sozialen Medien um sich, gerade nachdem Ex-Präsident Donald J. Trump die Unwahrheiten während der letzten Präsidentschaftsdebatte erwähnte. Obwohl diese Vorwürfe mehrfach widerlegt wurden, wurden sie weiterhin von vielen Konservativen druch JD Vance, Trumps Running Mate, verbreitet.
The Haitian Times, eine digitale Publikation mit rund 20 Mitarbeitern in den USA und Haiti, die sich der Berichterstattung über die haitianische Gemeinde widmet, berichtete intensiv über die Ereignisse. Die Publikation wurde 1999 von Pierre-Pierre gegründet, der früher Reporter bei der New York Times war. Er sah den Bedarf an einer umfangreicheren Berichterstattung über Haiti.
Neel, die ebenfalls rassistische E-Mails erhalten hat, glaubt, dass die Belästigungen darauf abzielen, Journalisten von ihrer Arbeit abzulenken. 'Die Strategie ist, die Leute so sehr mit ihrer persönlichen Sicherheit und Angst zu beschäftigen, dass sie abgelenkt sind,' sagte Neel.
Trotz der Bedrohungen setzt The Haitian Times seine Berichterstattung fort und plant einen Artikel darüber, wie man der haitianischen Gemeinde in Springfield Spenden zukommen lassen kann.
'Wir haben gelernt, die Menschen in der Gemeinschaft ihre Bedürfnisse äußern zu lassen, bevor wir ihnen mehr Stress durch unsere Anfragen zufügen,' erklärte Neel.
Aus Vorsicht sagte The Haitian Times ein Online-Forum in Springfield ab, das von Pierre-Pierre moderiert werden sollte, um die Teilnehmer nicht zu gefährden. Die Publikation steht in Kontakt mit Medienorganisationen wie dem Committee to Protect Journalists und der International Women's Media Foundation, um Unterstützung und Finanzierung für zusätzliche digitale Sicherheitsmaßnahmen zu erhalten.
Wie viele andere Nachrichtenorganisationen erlebte The Haitian Times einen starken finanziellen Rückgang in den späten 2000er Jahren. Eines der Tiefpunkte war 2012, als Pierre-Pierre seine Belegschaft darüber informieren musste, dass die Printausgabe aus finanziellen Gründen eingestellt werden musste.
Doch The Haitian Times überlebte als Online-Publikation und erreichte während der Covid-19-Pandemie einen Anstieg der Leserschaft. Im Jahr 2021 sorgte die Berichterstattung über die Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse für einen weiteren Leseranstieg.
Journalisten bei The Haitian Times sind geübt im Umgang mit Einschüchterungen. Auf einer kürzlichen Redaktionskonferenz wurden historische Parallelen zu ähnlichen Taktiken in Haiti gezogen, als unter Diktaturen Journalisten bedroht wurden.
'Vielleicht hilft es den Leuten zu verstehen, dass es nicht nur Memes und Witze sind,' sagte Neel. 'Es gibt echte Konsequenzen, die das Leben von Menschen gefährden.'