Tempest Rising (PC) im Test – Das Erbe von Command & Conquer
Du liebst Echtzeitstrategie und hast Command & Conquer in deiner Jugend rauf und runter gespielt? Dann hast du auf Tempest Rising wahrscheinlich genau wie ich große Hoffnungen gesetzt. Das Spiel will moderne Technik mit Retro-Feeling vereinen – und tritt damit in wirklich große Fußstapfen. Ob das klappt? Ich habe mich für dich aufs Schlachtfeld gewagt und es herausgefunden.
Zwei Fraktionen, zwei Geschichten und ein dunkles Geheimnis
Die Story spielt in einer alternativen Version von 1997, in der ein Atomkrieg nach der Kuba-Krise die Welt verwüstet hat. Zwei Kampagnen erwarten dich: einmal mit der Global Defense Force, einer Art Hightech-Friedenstruppe (nicht zu verwechseln mit der GDI) und einmal mit der Tempest Dynasty, einem verzweifelten, aber brutalen Gegenpart (nicht zu verwechseln mit der Bruderschaft von Nod). Jede Fraktion bringt eigene Spielmechaniken mit, eigene Einheiten und ihre ganz eigene Sicht auf den Konflikt.

Keine echten Schauspieler wie in der „Vorlage“ Command & Conquer, aber zwischen den Missionen gibt es immer etwas Neues zu erfahren. – Bild: 3D Realms
Gameplay: Zwischen C&C-Feeling und eSport-Design
Die gute Nachricht zuerst: Das C&C-Feeling ist da. Besonders die Spezialeinheiten erinnern stark an alte Klassiker. Auch das Freischalten neuer Einheiten über Punkte weckt Erinnerungen an C&C Generals. Du kannst also nicht einfach blind rekrutieren – du musst taktisch denken und planen.
Allerdings: Das Spiel wirkt insgesamt stark auf den eSport-Markt zugeschnitten. Große, epische Maps suchst du vergebens. Der Skirmish-Modus erlaubt nur 2-gegen-2. Für schnelle Matches super – für nostalgische RTS-Abende mit Riesenarmeen eher enttäuschend. Ich hätte so gerne ein modernes Spiel, wie eben Tempest Rising, mit einem 3-gegen-3 oder 4-gegen-4 gehabt. Oder eben mehrere KI-Gegner für mich, auf einer Map die nur einen Weg zulässt. Doch dazu muss ich wieder zurück in die alte Zeit.

Tempest Rising bietet im Gefechts-Modus schnelle und kleine Maps, aber die großen Brummer gibt es (noch) nicht. – Bild: 3D Realms
Tempest Rising im Test: Klassischer Aufbau trifft moderne Dynamik
Wenn du wie ich Base-Building liebst, wirst du bei Tempest Rising aufhorchen. Gebäude platzieren, Ressourcen sichern, Verteidigungen aufbauen – das ist alles dabei. Allerdings: Das Spiel setzt stark auf Tempo. Langsam und gemütlich aufbauen? Fehlanzeige. Wer sich nicht sofort das Tempest auf der Map sichert, hat auf Dauer keine Chance. Damit hat es viel mit Command & Conquer: Generals gleich. Das setzte ebenso mehr auf Tempo.
Ein klassischer Basenbau mit Betonplatten wie in Tiberian Sun? Fehlanzeige. Es gibt zwar Mauern, aber sie spielen kaum eine Rolle. Das Spiel will, dass du agierst, nicht abwartest. Die Verteidigungsanlagen sind nett, spielen aber kaum eine große Rolle, wenn eine Horde an Infanterie, Kampfpanzern und Lufteinheiten anrollt. Anno-Spieler müssen draußen bleiben.

Die Basen lassen sich mit Mauern verstärken. Allerdings hilft das wenig, wenn die Einheiten die angreifen in großer Menge kommen. – Bild: 3D Realms
Steuerung & Technik: Einfach, sauber, schnell
Die Menüführung ist wunderbar intuitiv. Selbst wenn du schon länger kein Echtzeit-Strategie-Spiel gezockt hast, findest du dich hier sofort zurecht. Besonders gefallen hat mir, wie übersichtlich und klar alles aufgebaut ist.
Technisch überzeugt das Spiel ebenfalls. Auf höchsten Einstellungen lief es bei mir völlig ruckelfrei. Keine Abstürze, keine Lags, kein Stress. Das zeigt: Hier wurde der Code sauber geschrieben und die Performance ernst genommen. Alles im allen ein sauberes Spiel.

Die Infanterie kann sich gut gegen die Fahrzeuge wehren. Gegenüber frühere Command & Conquer ist das Balancing wesentlich stärker für die Fußtruppen ausgefallen. – Bild: 3D Realms
Optik: Ein bisschen zu bunt?
Ein Kritikpunkt, den ich nicht verschweigen will: Der Grafikstil ist … speziell. Alles wirkt sehr farbintensiv, beinahe ein bisschen zu bunt. Das hat den Vorteil, dass du Einheiten gut auseinanderhalten kannst. Aber wer den düsteren Look von Tiberian Sun mochte, wird hier etwas enttäuscht sein.
Für mich hätte das Spiel gern ein paar düstere Farbfilter mehr haben dürfen. Dann wäre die Atmosphäre noch dichter geworden. So wirkt es etwas zu sehr wie ein Turnierspiel statt wie ein Kriegsdrama.
Fazit zu Tempest Rising im Test: Für wen lohnt sich das?
Wenn du auf schnelle, taktische Gefechte stehst und kein Problem damit hast, dass der Basenbau eher zweitrangig ist – dann ist Tempest Rising genau dein Ding. Es liefert actionreiche Kämpfe, spannende Fraktionen und saubere Technik.
Aber: Wenn du ein spiritueller Nachfolger von C&C suchst, mit epischen Karten, Betonplatten und stundenlangen Gefechten – wirst du hier nicht ganz glücklich. Dafür fehlt es an Größe und Tiefe im Aufbau.
Tempest Rising ist ein gutes, sogar sehr gutes Echtzeitstrategiespiel – wenn du weißt, worauf du dich einlässt. Die Kampagne ist spannend, die Einheiten gut designt, das Gameplay flüssig. Aber es bleibt ein Spiel, das eher für Twitch-Streamer als für Retro-Fans gebaut wurde.