Tarifbindung in Deutschland: Ein Blick auf die aktuelle Lage
Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland, die unter den Schutz eines Branchen- oder Firmentarifvertrags fallen, blieb im Jahr 2024 mit einem Anteil von 49 Prozent konstant. Diese Zahl, die das Statistische Bundesamt kürzlich veröffentlichte, markiert allerdings einen erheblichen Rückgang im Vergleich zu den 1990er Jahren. Damals arbeiteten noch rund 85 Prozent der Beschäftigten nach solchen Tarifverträgen, die zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden vereinbart wurden.
In puncto Tarifbindung gibt es zwischen den verschiedenen Branchen deutliche Unterschiede. Während der öffentliche Dienst, die Verteidigungsbranche und die Sozialversicherungen die Statistik mit einem beachtlichen Wert von 100 Prozent anführen, glänzt auch die Energieversorgung mit stattlichen 84 Prozent. Erziehung sowie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen weisen ebenfalls überdurchschnittliche Zahlen auf. Am anderen Ende des Spektrums liegt die Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei mit lediglich 11 Prozent. Ähnlich niedrige Werte finden sich in den Bereichen Kunst, Unterhaltung, Erholung, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie im Gastgewerbe.
Geografisch betrachtet, hat Bremen mit 56 Prozent die höchste Tarifbindung, während Sachsen mit nur 42 Prozent das Schlusslicht bildet. Diese Zahlen verdeutlichen die anhaltende Erosion der Tarifbindung in vielen Dienstleistungsbranchen, was auch WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten mit Sorge betrachtet. Er mahnt, dass Beschäftigte ohne Tarifverträge oft unter schlechteren Arbeitsbedingungen leiden müssen. Eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts ergab, dass Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Unternehmen im Durchschnitt 53 Minuten länger arbeiten und dennoch rund 10 Prozent weniger verdienen.
Vor diesem Hintergrund fordert Schulten von der nächsten Bundesregierung gesetzliche Regelungen, um die Tarifbindung zu stärken und so die Arbeitsbedingungen vieler Angestellter nachhaltig zu verbessern.