US-Justiz

Streit um Trumps Abschiebepolitik: Härtetest für Rechtsstaat

17. April 2025, 11:08 Uhr · Quelle: dpa
Umstrittene Abschiebung nach El Salvador
Foto: Salvador Melendez/AP/dpa
Van Hollen gibt an, die US-Regierung sage im Fall von Abrego Garcia nicht die Wahrheit.
Ein brutaler Mord wird im Weißen Haus zur politischen Waffe, um Kritik an der umstrittenen Abschiebung eines Migranten nach El Salvador zu ersticken. Die Sorge vor einer Verfassungskrise wächst.

Washington/San Salvador (dpa) - Die Regierung von US-Präsident Donald Trump gerät im Fall des trotz gewährten Schutzes nach El Salvador abgeschobenen Migranten zunehmend in Bedrängnis. Während der demokratische US-Senator Chris Van Hollen bei einer Reise in das mittelamerikanische Land persönlich für die Rückkehr des Mannes warb, der dort nun in einem berüchtigten Gefängnis sitzt, musste die Trump-Regierung vor Gericht eine Niederlage einstecken – ihr droht ein Strafverfahren. Gleichzeitig versuchte das Weiße Haus mit einem medienwirksamen Auftritt, die Öffentlichkeit auf seine Seite zu ziehen.

Der abgeschobene Kilmar Abrego Garcia stammt aus El Salvador und war US-Medien zufolge als Teenager etwa um 2011 herum illegal in die USA eingereist, auf der Flucht vor Bandengewalt - zunächst war vom Jahr 2012 die Rede gewesen. Obwohl sein Asylantrag 2019 abgelehnt wurde, erhielt er Schutz vor Abschiebung wegen drohender Verfolgung und laut US-Medien auch eine Arbeitsgenehmigung. Dennoch wurde der 29 Jahre alte Familienvater dann Mitte März im Bundesstaat Maryland - den der Senator Van Hollen im Senat vertritt - festgenommen und kurz darauf abgeschoben. Die US-Regierung sprach zunächst von einem «administrativen Fehler», bekräftigte jedoch gleichzeitig den Vorwurf, er sei selbst Mitglied der berüchtigten Bande MS-13. Abrego Garcias Anwälte bestreiten das.

Eine Bundesrichterin hat angeordnet, dass die Trump-Regierung den Mann zurückbringen muss. Der Fall landete zwischenzeitlich beim Obersten Gericht der USA. Seitdem gibt es juristisches Gezerre darüber, was weiter geschehen soll. 

US-Senator in El Salvador: Trump-Regierung lügt

Der Demokrat Van Hollen sprach bei seinem Besuch in El Salvador mit dem salvadorianischen Vizepräsidenten. Ein persönliches Treffen oder auch nur ein Telefongespräch mit Abrego Garcia sei ihm jedoch nicht ermöglicht worden, erklärte er. Zuvor hatte Trumps Heimatschutzministerin Kristi Noem das Gefängnis besucht und dort vor den Zellen posiert, in denen Gefangene sitzen. 

Auch der republikanische Kongressabgeordnete Riley Moore erhielt Zugang. Ein Foto, das er selbst auf X veröffentlichte, zeigt ihn mit hochgerecktem Daumen vor einer Gefängniszelle. Van Hollen betonte, er habe keine Gefängnistour gewollt, sondern lediglich ein Gespräch mit dem Inhaftierten.

«Wenn man Präsident Trump und der Trump-Regierung zuhört, könnte man meinen, dass US-Gerichte festgestellt haben, dass Herr Abrego Garcia zu MS-13 gehört, aber das ist nicht der Fall», sagte Van Hollen vor Reportern in El Salvador. Er warf Trump, Justizministerin Pam Bondi sowie Vizepräsident JD Vance vor, in dem Fall zu lügen. 

Weißes Haus lässt Mutter eines Mordopfers sprechen

Das Weiße Haus kündigte inmitten der aufgeheizten Debatte spontan einen Presseauftritt mit einem «Ehrengast» an, verriet aber nicht, wer kommt. Vor die Kameras trat schließlich die Mutter einer im Bundesstaat Maryland getöteten Frau. Sie war von einem illegal in die USA eingereisten Mann aus El Salvador brutal ermordet worden. Der Fall hat nichts mit der Abschiebung von Abrego Garcia zu tun, lediglich das Herkunftsland des Täters und Maryland als Schauplatz dienen als Verbindung. 

Das Weiße Haus beantwortet Fragen nach der Rechtmäßigkeit der Abschiebung seit Tagen mit Verweis auf die brutale Ermordung der Joggerin und versucht, Medien und Demokraten als empathielos darzustellen. 

«Dies ist die Art von Kriminellen, die Präsident Trump aus unserem Land entfernen möchte», sagte die völlig aufgelöste Mutter im Briefing-Raum des Weißen Hauses vor Journalisten und schilderte die schreckliche Tat im Detail. Sie monierte die Reise von Senator Van Hollen nach El Salvador auf Steuerkosten, «um jemanden zurückzubringen, der nicht einmal amerikanischer Staatsbürger ist». Im Anschluss an ihren Auftritt herrschte Schweigen im Briefing-Raum. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt umarmte die Mutter, die beiden verließen zügig das Podium. 

«Es ist scheußlich (...) dass so viel Zeit für die Berichterstattung über diesen mutmaßlichen Menschenhändler und dieses Bandenmitglied aufgewendet wurde», sagte Leavitt bereits Anfang der Woche über Abrego Garcia. Der schrecklichen Ermordung der Frau aus Maryland werde hingegen keine Beachtung geschenkt. 

Nun betonte sie, Abrego Garcia sei ein «illegaler Ausländer, Mitglied der MS-13-Bande und ausländischer Terrorist, der in sein Heimatland abgeschoben wurde». Sie zitierte aus Gerichtsdokumenten, wonach Abrego Garcia bei der Festnahme, die 2019 zu seiner Asyl-Anhörung führte, Kleidung mit Bandensymbolik getragen habe und gemeinsam mit zwei mutmaßlichen Bandenmitgliedern festgenommen worden sei. Außerdem habe es in der Vergangenheit Vorwürfe wegen häuslicher Gewalt gegen ihn gegeben.

Vorgehen der Trump-Regierung bei Abschiebungen im Fokus

Die betroffene Frau - seine Ehefrau - verteidigte Abrego Garcia daraufhin öffentlich gegen die Vorwürfe. Auch Van Hollen zeichnete bei seinem Besuch in El Salvador ein völlig anderes Bild. «Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass er eine Straftat begangen hat, und auch von den Vereinigten Staaten wurden keine Beweise dafür vorgelegt», sagte der Demokrat. Deshalb habe er gegenüber dem salvadorianischen Vizepräsidenten deutlich gemacht, dass die Trump-Regierung «offensichtlich gegen Anordnungen amerikanischer Gerichte» verstoße – und infrage gestellt, wie El Salvador unter diesen Umständen weiterhin an der Inhaftierung festhalten könne.

Der Fall steht stellvertretend für eine breitere Debatte über das Vorgehen der US-Regierung bei Abschiebungen – insbesondere im Zusammenhang mit zwei umstrittenen Abschiebeflügen von etwa 200 Personen Mitte März, unter denen auch Abrego Garcia war. Die US-Regierung hat damit begonnen, Migranten – vor allem aus Venezuela –, die sie als kriminell einstuft, nach El Salvador abzuschieben, wo sie in dem Hochsicherheitsgefängnis namens Cecot untergebracht werden. Im Gegenzug zahlt Washington dem mittelamerikanischen Land eine Millionensumme.

Trump will Fälle nicht einzeln prüfen lassen 

Die Rechtmäßigkeit dieser Transfers ist umstritten. Während die US-Regierung von Schwerkriminellen spricht, die sie außer Landes gebracht habe, schüren Recherchen von mehreren US-Medien – darunter die «New York Times» – Zweifel an der angeblich kriminellen Vergangenheit der Betroffenen. Trump monierte nun juristische Vorgaben, wonach die Abgeschobenen juristisch nicht «als Gruppe» betrachtet werden dürften, sondern dass jeder Fall einzeln geprüft werden müsse. Das würde hundert Jahre dauern, die Gerichte seien völlig «außer Kontrolle», so der Republikaner. 

Kritiker wie Van Hollen werfen der Trump-Regierung vor, sich über richterliche Anordnungen hinwegzusetzen. Beobachter fürchten eine Verfassungskrise. Die Entscheidung eines Richters in der US-Hauptstadt Washington schlug nun in eine ähnliche Kerbe. Richter James Boasberg kam zu dem Schluss, dass Trumps Regierung generell mit Abschiebeflügen nach El Slavador wohl vorsätzlich gegen seine Anordnung verstoßen hat. 

Er hatte vor einigen Wochen angeordnet, die Abschiebungen vorerst zu stoppen, solange die rechtliche Grundlage dafür noch gerichtlich geprüft werde. Die Flieger - auch der mit Abrego Garcia - hoben trotzdem ab. Jetzt erklärte Boasberg, es bestehe ein hinreichender Anfangsverdacht für ein mögliches Strafverfahren wegen Missachtung des Gerichts gegen Mitglieder der Regierung. Trumps Regierung habe nun die Möglichkeit, sich zu erklären, hieß es weiter. Sollte dies nicht geschehen, werde das Gericht den Fall zur Anklage an die Staatsanwaltschaft übergeben, kündigte Boasberg an.

Update: In einer früheren Version hieß es, Garcia sei «versehentlich» abgeschoben worden. Richtig ist, dass er trotz gewährten Schutzes abgeschoben wurde. Die US-Regierung spricht mittlerweile nicht mehr von einem administrativen Fehler.
Regierung / Migration / Justiz / Internationale Beziehung / USA / El Salvador
17.04.2025 · 11:08 Uhr
[2 Kommentare]
Lars Klingbeil (Archiv)
Berlin - Nachdem der Verfassungsschutz die AfD in einem rund 1.100 Seiten langen Gutachten bundesweit als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, hat der SPD-Vorsitzende und designierte Vizekanzler Lars Klingbeil die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens durch die neue Bundesregierung angekündigt. "Es darf nicht ohne Konsequenzen bleiben, was heute der Verfassungsschutz uns schwarz auf weiß […] (00)
vor 33 Minuten
Penn Badgleys Freunde nennen seinen Sohn beim falschen Namen
(BANG) - Penn Badgleys Freunde nennen seinen Sohn beim falschen Namen, nachdem sich ein Missverständnis im Internet ausbreitete. Der 'You'-Star ist mit seiner Frau Domino Kirke Vater eines vierjährigen Sohnes. Das Paar hat nie öffentlich verraten, wie er heißt, aber der Junge wurde online fälschlicherweise als "James" bezeichnet. Das Missverständnis hat dazu geführt, dass mittlerweile sogar […] (00)
vor 1 Stunde
Jagdbergtunnel bei Jena
Hamburg/Erfurt (dpa) - Der Internet-Riese Google zeigt nach einer Beschwerde der Polizei über falsche Navigationsansagen in Google Maps fälschlich als geschlossen angegebene Autobahntunnel in Thüringen wieder als geöffnet an. Die Tunnel würden auch wieder regulär in der Routenplanung vorgeschlagen, sagte ein Google-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte sich die Polizei in Thüringen […] (00)
vor 33 Minuten
Assassin’s Creed Shadows: Kommt jetzt der Multiplayer? Leak sorgt für Spekulationen um Koop und PvP
Assassin’s Creed Shadows ist gerade erst durchgestartet – und schon brodelt es gewaltig in der Community. Während Ubisoft offiziell noch schweigt, haben clevere Dataminer wie Totocko97 in den Spieldateien Hinweise auf einen möglichen Multiplayer-Modus entdeckt. In den aktuellen Bootstrap-Files tauchen plötzlich Test-Maps für Multiplayer und sogar Erwähnungen eines PvP-Modus auf. Da werden […] (00)
vor 49 Minuten
Regisseur Rian Johnson ist offen dafür, die 'Knives Out'-Reihe fortzusetzen.
(BANG) - Regisseur Rian Johnson ist offen dafür, die 'Knives Out'-Reihe fortzusetzen – "solange Daniel [Craig] noch weitermachen will". Der 51-jährige Filmemacher hat das Krimi-Franchise, in dem Craig den Detektiv Benoit Blanc darstellt, seit seinem Debüt im Jahr 2019 geleitet. Johnson hat nun verraten, dass er glücklich damit wäre, das Franchise nach dem kommenden 'Wake Up Dead Man: A Knives Out […] (00)
vor 1 Stunde
Max Verstappen und Kelly Piquet sind Eltern geworden
Monte-Carlo/Miami (dpa) - Formel-1-Pilot Max Verstappen ist zum ersten Mal Vater geworden. Seine Freundin Kelly Piquet, Tochter des brasilianischen Ex-Weltmeisters Nelson Piquet, brachte ein Mädchen zur Welt. «Willkommen auf der Welt, süße Lily», schrieb der 27 Jahre alte Niederländer bei Instagram und fügte hinzu: «Du bist unser größtes Geschenk. Wir lieben Dich so sehr.» Auf einem Foto war dazu […] (01)
vor 2 Stunden
bitcoin, blockchain, currency, cryptocurrency, money, finance, technology, business, gold, financial, exchange, digital, coin, crypto, virtual, cash, payment, the internet, cryptography, electronic, investments, bitcoin, bitcoin, crypto, crypto, crypto, c
Wale in Aktion Ripple-Wale waren im letzten Monat besonders aktiv und haben massenhaft Token angesammelt. Der beliebte X-Nutzer Ali Martinez reveal Ied, dass große Investoren (diejenigen, die zwischen 10 Millionen und 100 Millionen Münzen halten) in diesem Zeitraum etwa 900 Millionen XRP (im Wert von knapp unter $2 Milliarden bei den aktuellen Kursen) gekauft haben. Der Analyst stellte […] (00)
vor 53 Minuten
REConf 2025 - Workshop stärkt Product Owner mit individueller Spielphilosophie
Heppenheim, 02.05.2025 (PresseBox) - Unter dem Titel „Jede Organisation tickt anders – mit der eigenen Spielphilosophie die Rolle des Product Owners meistern“ findet am Montag, 05.05.2025 auf der Fachkonferenz REConf 2025 ein interaktiver Workshop zur agilen Organisationsentwicklung statt. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie können Product Owner ihre Rolle wirksam und wertebasiert gestalten – im Spannungsfeld zwischen Team, Stakeholdern und […] (00)
vor 1 Stunde
 
Strommast (Archiv)
Pronstorf - Für Unternehmen in Deutschland werden Netzentgelte immer mehr zur Last. Das zeigt […] (06)
Konflikt in Syrien - al-Sor al-Kobra
Damaskus/Tel Aviv (dpa) - Israels Luftwaffe hat nach den heftigen Kämpfen zwischen Angehörigen […] (00)
Deutscher Evangelischer Kirchentag in Hannover
Hannover (dpa) - Olaf Scholz hat seine Wehrdienstverweigerung als junger Mann mit dem […] (00)
Friedrich Merz
Berlin (dpa) - Kurz vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz (CDU) zum Bundeskanzler liegt die […] (02)
Bloc Party
(BANG) - Bloc Party haben eine spezielle Neuauflage ihres 'Silent Alarm'-Albums zum 20-jährigen […] (00)
Schwimmbad
München (dpa) - Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) fordert mehr Schwimmbäder in […] (02)
Flatlay Von Spielgeräten
EA Sports zieht sich vorerst aus dem Rallye-Segment zurück. Nach der Veröffentlichung von EA Sports WRC […] (00)
Primetime-Check: Mittwoch, 30. April 2025
Schlug «Mord auf dem Inka-Pfad» ein? Punktete das ZDF mit einer alten «Marie Brand»-Folgen? 3,56 und 3,34 […] (00)
 
 
Suchbegriff