Steigende Sorge um Medikamentenengpässe: Ein Blick hinter die Zahlen
Die jüngsten Berichte über Engpässe bei Arzneimitteln und steriler Kochsalzlösung haben für Unruhe gesorgt. Ulrike Holzgrabe, Seniorprofessorin der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, relativiert jedoch: Nicht jeder Engpass bedeutet zwangsläufig eine kritische Versorgungssituation. Besonders bei Blutdruckmitteln gibt es in der Regel alternative Präparate, sodass die Patientenversorgung gesichert bleibt. Problematisch wird es jedoch bei Antibiotika, betont Holzgrabe. Engpässe in diesem Bereich sind besorgniserregend, da der Wechsel zu einem anderen Antibiotikum oft lediglich eine zweitbeste Lösung darstellt. Auch Salbutamol für Asthma und Atomoxetin zur Behandlung von ADHS stehen exemplarisch für schwer ersetzbare Medikamente, die zuletzt knapp wurden. Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte überwachen Hersteller Lieferengpässe bei versorgungskritischen Arzneimitteln penibel. Diese Engpässe definiert das Institut als Unterbrechungen der üblichen Lieferkette über mehr als zwei Wochen hinweg oder eine Nachfrage, die das aktuelle Angebot übersteigt. Mit beinahe 500 betroffenen Medikamenten hat sich die Situation seit dem Vorjahr kaum verbessert. David Francas von der Hochschule Worms merkt an, dass die Zahl der Engpässe, die im Juni 2023 bei 480 lag, seit 2017 stetig zunahm, aktuell jedoch eine gewisse Stabilität zeigt. Francas unterstreicht, dass nicht alle Engpässe für Patienten eine gleiche Relevanz haben.