SPD feiert Wahlsieg – den es (noch) nicht gibt
„Manche haben uns ja schon abgeschrieben.“
Mit diesem Satz begann Olaf Scholz seine Rede im Willy-Brandt-Haus, wo die SPD am Samstag ihre „Wahlsiegkonferenz“ abhielt. Der Name ist Programm – zumindest für die Genossen. Ungeachtet der miserablen Umfragewerte, die die Sozialdemokraten bei gerade mal 18 Prozent sehen, herrschte im überfüllten Saal Zuversicht.
Standing Ovations, rote Schals, Applaus wie in Dauerschleife. Scholz schaffte es, die Reihen zu schließen, zumindest für einen Tag.
Die Realität? Eine andere Geschichte
Die Stimmung im Willy-Brandt-Haus mag ausgelassen gewesen sein, doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Laut aktuellen Umfragen erreicht die SPD gerade mal die Hälfte der Stimmen der CDU/CSU, und selbst bei einer Kanzler-Direktwahl liegt Scholz mit 22 Prozent weit hinter Friedrich Merz. Doch was die Genossen nicht daran hinderte, in ihrem Kanzlerkandidaten den Retter zu sehen.
Scholz nutzte seine Bühne. Er erinnerte an die Bundestagswahl 2021, als die SPD ebenfalls als chancenlos galt – und dennoch triumphierte.
„Hört nicht auf sie! Sie irren sich auch diesmal.“
Das Publikum jubelte, auch wenn man sich fragte, ob diese Worte Mut machen oder eher die Realität ausblenden sollten.
Neue Feindbilder: Die FDP als Zielscheibe
Kritik an den politischen Gegnern gehört zum Wahlkampf, aber Scholz trieb es an diesem Tag auf die Spitze. Sein Fokus: Ex-Finanzminister Christian Lindner und die FDP. Mit scharfen Worten warf Scholz der FDP vor, die Bundesregierung „monatelang systematisch sabotiert“ zu haben.
„Keine Zocker, keine Spieler“ brauche das Land, sondern Verantwortungsträger. Der Saal tobte, während Lindner zur Hauptfigur einer Abrechnung wurde.
Die Brücken zur FDP sind endgültig abgebrochen, darin war sich die Parteispitze einig. Der Rückblick auf die zerbrochene Ampel-Koalition wurde zur Selbstinszenierung – und zur Schuldzuweisung in eine Richtung.
Inhaltliche Pläne: Mehr Mindestlohn, weniger Realität?
Zwischen all den Spitzen gegen die Konkurrenz war auch Platz für Inhalte. Scholz versprach, den Mindestlohn bis 2026 auf 15 Euro zu erhöhen, das Rentensystem zu sichern und die Schuldenbremse zu reformieren. Zugleich stellte er eine Steuerreform zulasten der Besserverdienenden in Aussicht – ein roter Faden sozialdemokratischer Wahlversprechen.
Die Frage bleibt: Können diese Ziele Wähler zurückgewinnen? Bislang spricht wenig dafür, dass Scholz mit seiner Agenda über die eigene Wählerschaft hinaus Begeisterung entfacht.
Die SPD und ihr Wahlkampftraum
Während Scholz auf der Bühne kämpferisch agierte, wirkte die Parteispitze eher blass. Parteivorsitzender Lars Klingbeil attackierte CDU-Chef Friedrich Merz, blieb aber ohne klare Botschaft.
Co-Vorsitzende Saskia Esken schaffte es kaum, über das Übliche hinauszugehen. Alles konzentrierte sich auf Scholz, der die Partei wie ein Einzelkämpfer durch den Wahlkampf führen soll.