South of Midnight (Xbox) im Test – Magie, Mythen und Mississippi-Mud
South of Midnight von Compulsion Games ist kein typisches Action-Adventure. Es ist ein spielbarer Blues-Song, der durch die Sümpfe des amerikanischen Südens groovt. Das Spiel erschien am 8. April 2025 für die Xbox Series X|S und ist seit Tag 1 im Xbox Game Pass verfügbar. Ob Hazel, unsere junge Heldin, uns in ihren Bann ziehen kann, erfährst du in diesem ausführlichen Test.
Eine Reise durch Mythen und Magie
South of Midnight beginnt mit einem tragischen Moment: Hazel kehrt nach einem verheerenden Hurrikan zurück nach Prospero – eine fiktive Stadt, tief im amerikanischen Süden – nur um festzustellen, dass ihre Mutter verschwunden ist. Doch es ist nicht einfach nur ein Suchspiel: Hazel entdeckt dabei ihre Kräfte als Weaver – eine Art magische Schicksalsweberin. Für Kinder der älteren Semester: Sie ist eine Hexe!
Diese Fähigkeit erlaubt ihr, die Welt buchstäblich zu verändern. Ob Brücken aus Licht, heilende Glyphen oder geisterhafte Projektile – die Mechaniken sind fest im Storytelling verankert und fühlen sich nie wie reine Spielerei an. Die Atmosphäre ist dabei so dicht wie ein Sommerabend in Louisiana.
Und hier kommt die gute Nachricht für Serienfans: Wer Buffy, Angel, Vampire Diaries, The Originals, Charmed, Supernaturals oder sogar Twilight verschlungen hat, wird sich in der Welt von South of Midnight sofort wie zuhause fühlen. Die Mischung aus übernatürlichem Drama, düsteren Familiengeheimnissen und einer Prise Romantik versprüht genau diesen Vibe – nur eben interaktiv.
Visueller Stil zum Verlieben
Was sofort ins Auge springt: Der Stop-Motion-Look. Jeder Charakter wirkt, als wäre er aus Lehm geformt, jede Bewegung wie aus einem animierten Kurzfilm. Das verleiht South of Midnight einen Look, der sich klar vom Standard abhebt.
Gerade auf der Xbox Series X kommt dieser Stil in 4K mit HDR10-Unterstützung wunderbar zur Geltung. Der Kontrast zwischen träumerischer Umgebung und düsterer Bedrohung macht den Reiz aus – und erinnert stilistisch an Werke wie Coraline oder Tim Burton, aber mit deutlich mehr Soul.
Magie trifft Action – und versteckte Schätze
In dieser South of Midnight Xbox Review darf natürlich das Gameplay nicht fehlen: Es ist eine Mischung aus klassischem Third-Person-Adventure, Plattforming, Magie-Kampf und leichten Umgebungsrätseln. Die Kämpfe selbst sind nicht überkomplex – eher taktisch, dafür aber charmant inszeniert.
Was besonders auffällt: Wer gerne God of War spielt, wird sich beim Erkunden sofort erinnern. Immer wieder sind versteckte Extras clever in der Umgebung platziert – meist außerhalb des offensichtlichen Kamerawinkels. Ein Blick hinter die Ecke, ein kleiner Umweg in die vermeintlich falsche Richtung – und schon findet man Erfahrungskristalle, Kosmetik, Story-Fetzen oder kleine Boosts. Wer nur dem Hauptpfad folgt, verpasst einiges.
Hazels „Weaving“-Fähigkeiten bringen dabei willkommene Abwechslung: Gegner einfrieren, verlangsamen, kontrollieren – mit jedem Fortschritt fühlt man sich mächtiger.
Und apropos Fortschritt: Das Levelsystem ist angenehm geradlinig. Erfahrung sammelt ihr durch Kämpfe, Quests und eben das Entdecken dieser versteckten Goodies. Mit jedem Level-Up verbessert ihr Hazels Grundwerte und schaltet neue Weaving-Skills frei. Dazu gibt es eine Upgrade-Struktur, die euch gewisse Spezialisierungen erlaubt – etwa in Richtung Nahkampf-Magie, defensiver Kontrolle oder Bewegungstricks.
Trotzdem: Nach einigen Stunden wünscht man sich mehr Gegnervarianten oder knackigere Bosskämpfe. Hier bleibt das Spiel hinter seinem künstlerischen Anspruch ein wenig zurück.
Erkundung trifft Folklore
South of Midnight lebt vom Southern-Gothic-Feeling. Mythische Figuren wie der Rougarou, sprechende Geister und der Blues selbst erzählen eine Geschichte, die weit über klassische Videospiel-Narrative hinausgeht. Hazel kämpft nicht nur gegen Monster – sie kämpft gegen Verlust, Trauma und Identitätsfragen.
South of Midnight zeigt: Dieses Spiel will mehr sein als Unterhaltung – es will erinnern, fühlen, nachwirken. Die Dialoge sind klug, die Synchronsprecher hervorragend, und das Storytelling wirkt wie ein aufgeschlagenes Buch mit Eselsohren: charmant, echt, ein bisschen mystisch.
Soundtrack: Ein musikalisches Gedicht
Der Soundtrack von South of Midnight ist ein echtes Highlight. Der Mix aus Delta Blues, akustischem Folk und sphärischem Ambient untermalt das Abenteuer perfekt. Vor allem in ruhigeren Momenten – wenn Hazel durch ein vom Nebel verhangenes Marschland streift – zeigt sich die ganze emotionale Tiefe der Musik.
Selbst die Kämpfe haben einen musikalischen Rhythmus. Kein Soundtrack zum Mitsingen, aber definitiv einer zum Mitfühlen. Daher gibt es die Musik auch auf Schallplatte!
Technik & Performance
South of Midnight muss natürlich auch auf die Technik eingehen – und hier gibt’s (fast) nur Positives zu berichten. Auf der Xbox Series X läuft das Spiel in 4K, mit stabilen 60 FPS. Die Ladezeiten sind kurz, die Steuerung präzise. Nur selten kommt es zu kleineren Animationsrucklern in Dialogsequenzen.
Lobenswert: Die Barrierefreiheit. Es gibt Untertitel in verschiedenen Größen, Farbkontrasteinstellungen und sogar eine Option für vollständig automatische Kämpfe – ideal für ein breiteres Publikum.
Fazit: Ein Kunstwerk mit kleinen Ecken
South of Midnight ist kein Spiel für Ungeduldige. Es verlangt Aufmerksamkeit, Offenheit und einen Hang zur Melancholie. Wer das mitbringt, erlebt ein Abenteuer, das mehr Herz und Stil hat als viele Blockbuster zusammen. Die Mechaniken sind solide, die Geschichte eindringlich – und die Präsentation absolut einzigartig. South of Midnight versucht nicht die Spielewelt neu zu erfinden oder komplett neue Geschichten zu erzählen. Es spielt sich so einfach, dass man bereits nach 10 Sekunden so spielt, als wäre man schon seit 100 Stunden dran. Dabei füllt das Spiel gerade einmal 15 Stunden.
Diese positiven Aspekte bilden gleichzeitig vermutlich auch ein wenig die Macken. Nach einer Weile hat man das Gefühl, das Gameplay wiederholt sich einfach. Die Kämpfe und Kampfsituationen sind fast immer gleich, so auch die Gegner. Das Level-System ist kurz und bündig. Die Grafik und Story sind die echten Träger des Spiels.
Aber die Stop-Motion Grafik, die Charakter-Darstellung, die Story, alles passt einfach zusammen wie ein perfektes Puzzle. Wenn man nicht zu hohe Erwartungen hat und einfach etwas Abwechslung ohne viel Hirnschmalz sucht, dann ist es ein guter Begleiter für ein Wochenende.