Rohstoffhandel vor geopolitischem Wendepunkt: Europas Öltrader ringen um Rückkehr nach Russland
Europas führende Rohstoffhändler wie Vitol, Trafigura und Gunvor bereiten sich vorsichtig auf ein mögliches Comeback im russischen Ölmarkt vor – während sich Moskau in der Zwischenzeit erfolgreich neue Handelsstrukturen aufgebaut hat. Auch bei einer Lockerung westlicher Sanktionen könnte der Weg zurück steiniger werden als gedacht.
„Sie haben nun ihre eigenen Wege und ein kontrolliertes System, um Öl zu vermarkten“, sagte Gunvor-Chef Torbjörn Törnqvist beim FT Commodities Global Summit in Lausanne. „Ich bezweifle, dass sie zu dem alten Modell zurückkehren, bei dem Händler den Großteil der Wertschöpfung kontrollierten.“
Vor dem Ukrainekrieg hatten russische Produzenten wie Rosneft ihre Exporte häufig auf Free-on-Board-Basis abgewickelt – die Organisation von Logistik und Verkauf lag bei europäischen Händlern, die dabei üppige Margen erzielten. Doch seit 2022 haben sich russische Ölfirmen auf eigene Netzwerke, vor allem über Dubai und Hongkong, gestützt. Sie liefern zunehmend auf Delivered-Basis direkt zum Kunden – und behalten somit einen größeren Teil der Marge.
Diese neue Realität stellt die europäischen Trader vor eine doppelte Herausforderung: Einerseits signalisieren die geopolitischen Signale aus Washington, insbesondere unter US-Präsident Donald Trump, eine mögliche Entspannung. Andererseits könnten sich Russland und seine neuen Partner als zu eingespielt erweisen, um das alte Modell wieder aufleben zu lassen.
Russell Hardy, CEO von Vitol, rechnet nicht mit einer baldigen Rückkehr. „Wir gehen davon aus, dass es mindestens ein oder zwei Jahre dauern wird“, sagte er. Die Lage in Europa sei ohnehin komplex, da viele Länder unterschiedliche Positionen zu Russland einnehmen. Ein fragmentierter Neustart sei wahrscheinlicher als ein vollständiges Comeback.
Auch Trafigura-Chef Richard Holtum sieht trotz „Geräuschen aus Washington“ keine schnelle Rückkehr. Erst wenn sowohl US- als auch EU-Sanktionen vollständig aufgehoben seien, könne eine Neubewertung erfolgen. Aufgrund der Vielzahl an europäischen Beschäftigten sei dies für sein Unternehmen unerlässlich.
Doch selbst bei einer geopolitischen Wende dürften Europas Trader nicht mehr die dominante Rolle spielen wie früher. Der russische Ölhandel hat sich diversifiziert – und könnte es vorziehen, seine neue Unabhängigkeit zu wahren.