Risse in der SPD: Pistorius als mögliche Kanzleralternative zu Scholz
In den Reihen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) ist eine Diskussion entbrannt, die angesichts der bevorstehenden vorgezogenen Wahlen durchaus brisant ist. Erstmals hat ein amtierender SPD-Abgeordneter, Joe Weingarten, öffentlich gefordert, Verteidigungsminister Boris Pistorius anstelle von Olaf Scholz als Kanzlerkandidat ins Rennen zu schicken.
Diese Forderung kommt zu einem Zeitpunkt, in dem die Beliebtheitswerte von Scholz beachtlich gesunken sind. Weingarten betonte gegenüber der Financial Times, dass Pistorius positive Eigenschaften verkörpere: Volksnähe, Tatkraft und die Fähigkeit, klar auszusprechen, was im Interesse Deutschlands getan werden muss.
Die Unterstützung für Pistorius zeigt sich auch in jüngsten Umfragen: 66 Prozent der Wähler sprechen sich dafür aus, dass der im Januar 2023 ins Amt berufene Minister die SPD in die Wahlen führen soll. Scholz hingegen favorisieren lediglich 18 Prozent der Befragten.
Die Grünen der SPD sehen in Pistorius eine Möglichkeit, die bisher bescheidene Position der Partei in den Umfragen von derzeit 16 Prozent zu verbessern. Die Wähler schätzen an Pistorius vor allem seine Vertrauenswürdigkeit, Sympathie und Führungsstärke.
Als Verteidigungsminister hat er ein starkes Profil in der internationalen Politik gezeigt, insbesondere durch Deutschlands umfangreiche Unterstützung für die Ukraine. Die politische Landschaft wird aufgrund der von Scholz initiierten Wahlen im Februar ordentlich durcheinandergewirbelt.
Eine Vertrauensabstimmung am 16. Dezember wird den Weg für die Wahlen am 23. Februar bereiten. Die Christlich Demokratische Union (CDU) mit ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz könnte laut Meinungsumfragen der ergonomische Gewinner dieser Entwicklung sein.
Innerhalb der SPD formieren sich Stimmen, die eine neue Führungsfigur fordern. Franz Müntefering, ehemaliger Vizekanzler und SPD-Vorsitzender, äußerte Zweifel an dem Vorrecht von Scholz auf eine weitere Amtszeit.
Die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten obliege einem Parteitag, der am 11. Januar stattfinden soll. Auch der einflussreiche Seeheimer Kreis innerhalb der SPD hat in internen Gesprächen über die Möglichkeit eines Kandidatenwechsels debattiert.
Trotz des innerparteilichen Unmuts zeigen führende SPD-Mitglieder nach außen Geschlossenheit. SPD-Co-Vorsitzender Lars Klingbeil betonte wiederholt die Unterstützung für Scholz innerhalb der Parteispitze.
Dies ist jedoch kein Garant für eine ruhige Parteitagsdebatte im Januar, bei der die Weichen für die bevorstehenden Wahlen gestellt werden müssen.