Rettung in letzter Minute - USA entgehen Finanzkatastrophe
Washington (dpa) - Die Welt hielt den Atem an: Erstmals in ihrer Geschichte drohte den USA das Geld ausgehen. Die größte Volkswirtschaft der Welt vor der Pleite - die Folgen wären unabsehbar.
Doch mit der Einigung zwischen führenden Senatoren aus Regierungslager und Opposition scheint die Katastrophe noch einmal abgewendet. Doch wie lange hält der Frieden? Gibt es Sieger, gibt es Verlierer?
Was ist eigentlich los mit den USA, warum haben sie so große Problem, ihre Finanzen in den Griff zu kriegen?
Im Grunde genommen hat sich die Krise seit Jahren angebahnt. Es handelt sich um einen regelrechten Showdown. Das Klima in Washington ist vergiftet, in wichtigen Fragen herrscht eine derartige ideologische Verhärtung zwischen Regierung und Opposition, dass pragmatische Lösungen immer schwieriger werden. Vor allem für die radikale Tea-Party-Fraktion im Republikanerlager ist das Wort Kompromiss zum Schimpfwort geworden. Ein solchen Ansatz passt schlecht zum demokratischen Prozess.
Was steckt denn hinter dem Streit, geht es tatsächlich nur ums Geld?
Die oppositionellen Republikaner und die Demokraten um Präsident Barack Obama haben grundverschiedene Auffassungen von Haushalt und dem Umgang mit Geld. Obama setzt auf massive staatliche Investitionen, um die Konjunktur richtig in Fahrt zu bringen und die Schwächen in der Infrastruktur zu beheben. Dafür will er Steuern für Reiche erhöhen. Die Republikaner sind strikt gegen «Big Government», wollen nur so viel Staat wie unbedingt nötig. Höhere Steuern sind ihrer Meinung nach ein Gift, das die Wirtschaft abwürgt.
Doch es ging auch um mehr. Die Republikaner wollen Obamas Gesundheitsreform zu Fall bringen oder zumindest schleifen. Dazu ist ihnen fast jedes Mittel recht. Erst die Verbindung der Schulden- und Etatdebatte mit der Gesundheitsreform machte aus dem Streit ein echtes Drama. Auch hier sind die Fundamentalisten der Tea-Party die treibenden Kräfte.
Wie lange könnte eine Lösung denn Bestand haben?
Das ist der große Haken. Die jetzt erzielte Einigung dürfte nur von sehr kurzer Dauer sein. Sie reicht nur für ein paar Monate. Die Schuldengrenze muss demnach im Februar erneut verhandelt werden, der Etat hat nur bis Januar Bestand. Die USA dürfen also bestenfalls eine kurze Atempause genießen. Dann droht das Theater von neuem loszugehen.
Hat Obama gewonnen, sind die Republikaner Verlierer?
Natürlich wollen beide Seiten nicht von Siegern und Besiegten reden. Doch Obama hat mit seiner harten Haltung erreicht, dass sein wichtigstes Reformwerk Bestand hat. Er hat in den dramatischen Wochen immer wieder betont, «Obamacare» gehöre nicht zur Verhandlungsmasse. Und er hat sich durchgesetzt.
Also haben die Republikaner verloren?
Vor allem John Boehner, einst «starker Mann der Republikaner» im Repräsentantenhaus, hat eine schwere Schlappe erlitten. Das Republikanerlager ist tief gespalten, er hat es nicht zusammenhalten können. Moderate, die eine Zahlungsunfähigkeit der USA unbedingt vermeiden wollen, stehen den fundamentalistischen Tea-Party-Vertretern unversöhnlich gegenüber, die bis zum Äußersten gehen wollen.
Was werden die Republikaner jetzt tun?
Tatsächlich haben die Republikaner schon mehrfach in den vergangenen Jahren bei ähnlichen Finanzstreitigkeiten in letzter Minute nachgegeben. Boehner muss jetzt fürchten, als Präsident des Abgeordnetenhauses nicht wiedergewählt zu werden. Fraglich ist aber, ob die Republikaner nun von ihrem harten Kurs abrücken - und etwa «Obamacare» endlich akzeptieren. Auch die Zukunft der populistischen Tea-Party-Bewegung könnte schwierig werden.