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Renaissance der US-Herstellung: Realität oder Illusion?

07. September 2024, 17:36 Uhr · Quelle: Eulerpool News

Das Thema einer Wiederbelebung der US-amerikanischen Fertigung hat in den letzten Jahren stark an politischer Bedeutung gewonnen. Sowohl die Trump- als auch die Biden-Administration haben ambitionierte Programme gestartet, um die industrielle Stärke der Nation wiederherzustellen. Dazu gehören Maßnahmen wie Zölle, Steueranreize und erhebliche Regierungsinvestitionen, analysieren Experten von Alpine Macro.

Die US-Fertigung hat jedoch über Jahrzehnte einen graduellen Rückgang verzeichnet. In den frühen 1970er Jahren trug die Fertigungswertschöpfung 23 % zum BIP bei, heute sind es nur noch rund 10 %. Ein paar Schlüsselbranchen, wie die Halbleiterindustrie, haben das Gesamtbild zwar etwas aufgebessert, doch der mittlere Produktionsausstoß über Unterbranchen hinweg ist um 20 % gefallen. Dieser Umstand zeigt, dass die bescheidenen Zuwächse sich auf wenige Sektoren konzentrieren und ein großer Teil der Fertigung stagnant bleibt.

Die Zahl der Beschäftigten in der Fertigungsindustrie setzt ihren langfristigen Rückgang fort, trotz eines Zuwachses von 1,5 Millionen Arbeitsplätzen seit 2010. Dennoch ist dies ein geringer Gewinn im Vergleich zu den 6 Millionen verlorenen Jobs in den 2000er Jahren. Fertigungsjobs machen mittlerweile nur noch 8 % der Gesamtarbeitsplätze aus, was Fragen zur behaupteten industriellen Wiederbelebung aufwirft. Auch wenn die Investitionen in die Fertigung gestiegen sind, bleiben sie auf bestimmte Industrien wie die Halbleiter konzentriert.

Das langfristige kapitalmäßige Investment in die Fertigung ist seit Jahrzehnten stagnierend. In den 1980er Jahren machten die Ausgaben für Ausrüstungen noch 8 % des BIP aus, heute sind es nur noch 5 %. Diese Verlangsamung in der Kapitalbildung steht in engem Zusammenhang mit der sinkenden Produktivität, was Behauptungen einer industriellen Renaissance weiter untergräbt. Alpine Macro zeigt, dass das Produktivitätswachstum innerhalb der Fertigung hinter anderen Sektoren der US-Wirtschaft zurückbleibt, wodurch eine breite Erholung unwahrscheinlich erscheint.

Strukturelle Herausforderungen in der US-Fertigung gehen weit über Investitionen und Produktivität hinaus. Während sich Volkswirtschaften weiterentwickeln, neigen wohlhabendere Gesellschaften dazu, vom Konsum von Gütern hin zu Dienstleistungen zu wechseln, was die Bedeutung der Fertigung verringert. Selbst in China, einer als Weltfabrik bekannten Nation, ist der Anteil der Fertigung am BIP seit 2008 rückläufig.

Der Versuch, die Fertigung in die USA zurückzuholen, erscheint in diesem breiteren wirtschaftlichen Kontext schwierig und weitgehend kontraproduktiv. Industrieländer wie die USA müssten erheblich auf den Export von gefertigten Gütern setzen, ein Modell, das anderen Industriegrößen wie Deutschland und Japan nicht zu höherem Einkommenswachstum verholfen hat.

Ein bedeutendes Hindernis für die Wiederbelebung der US-Fertigung sind die hohen Lohnkosten. Amerikanische Arbeiter sind zwar 70 % produktiver als ihre chinesischen Pendants, verdienen aber sechsmal so viel. Dieser Unterschied macht es nahezu unmöglich, in lohnintensiven Industrien wettbewerbsfähig zu bleiben. Dadurch konzentriert sich die US-Fertigung auf hochspezialisierte Branchen wie Luft- und Raumfahrt, fortschrittliche Maschinenbau und Medizingeräte, während andere, arbeitsintensivere Industrien zunehmend in Niedriglohnländer wie Vietnam und Kambodscha abwandern.

Alpine Macro betont, dass viele der Versprechen einer Fertigungsrenaissance mehr politisch als wirtschaftlich motiviert sind. Maßnahmen wie das Inflationsminderungsgesetz (IRA) der Biden-Administration oder Trumps Zölle auf chinesische Importe haben keine bedeutenden Ergebnisse geliefert. Während das IRA fast 400 Milliarden Dollar an Investitionen angestoßen hat, sind diese Bemühungen hauptsächlich auf die Halbleiterindustrie beschränkt, wobei andere wichtige Sektoren wie Elektrofahrzeuge und grüne Energietechnologien kaum profitieren.

Ein weiteres Problem ist der Mangel an Fachkräften, um die potenzielle Nachfrage in der fortschrittlichen Fertigung zu decken. Die Zahl junger Arbeitnehmer ist gering, und die Belegschaft altert weiter. Mehr Bürokratie verzögert zudem viele der großangelegten Investitionen, die im Rahmen des IRA geplant sind, was die langfristige Wirksamkeit der Politik weiter in Frage stellt.

Aus Marktperspektive unterstreicht Alpine Macro den Mangel an greifbaren Vorteilen für Industrietitel, da der Sektor weiterhin hinterherhinkt, was auf die breitere Produktivitätsstagnation in der Fertigung zurückzuführen ist. Zwar haben Subventionen den US-Chipsektor gefördert, doch die Verschärfung der Exportkontrollen, insbesondere gegenüber China, könnte diese Gewinne auf Dauer gefährden.

Der "Onshoring"-Trend mag politisch aufgeladen bleiben, doch eine bedeutendere Entwicklung ist das "Friend-shoring". Immer mehr US-Unternehmen verlagern ihre Produktion in Länder mit ähnlichen Lohnniveaus und wirtschaftlichen Bedingungen wie China, aber mit weniger geopolitischem Risiko. Länder wie Vietnam, Malaysia, Mexiko und Indien stehen bereit, von diesem Trend zu profitieren, während die Vision einer industriellen Wiederbelebung in den USA zunehmend in die Ferne rückt.

Finanzen / Economics
[Eulerpool News] · 07.09.2024 · 17:36 Uhr
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