Ökostrom in der Krise: Droht an Ostern das erste „Brownout“?
Der deutsche Solarboom wird zur Gefahr
Deutschlands Stromnetz könnte bereits zu Ostern 2025 an seine Grenzen stoßen. Während im Winter Dunkelflauten immer wieder die Versorgungssicherheit gefährden, droht im Frühjahr das Gegenteil: eine Ökostrom-Flut, die das Netz überlastet.Die Folge könnten sogenannte „Brownouts“ sein – regionale Abschaltungen, um den Totalausfall, den „Blackout“, zu verhindern.
„Wir haben Maßnahmen, um die Netzfrequenz stabil zu halten, aber es könnte notwendig werden, zeitweise Regionen vom Netz zu nehmen“, sagte Stefan Kapferer, Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, kürzlich.
Solche Szenarien wären nicht nur technisch, sondern auch für das Image der Energiewende ein Desaster.
Überangebot drückt Strompreise ins Negative
Nach einer Analyse von CFP Flexpower könnte die Stromerzeugung an Ostern 2025 das Verbrauchsniveau um bis zu drei Gigawatt übersteigen. Während die Nachfrage bei etwa 40 Gigawatt liegen dürfte, könnten Solaranlagen allein mehr als 34 Gigawatt liefern.
Zusätzliche Kapazitäten aus Windkraft und konventionellen Kraftwerken verschärfen das Problem. „Selbst bei maximalem Stromexport und dem Einsatz von Regelenergie bleibt ein gefährliches Überangebot im Netz“, warnte CFP-Geschäftsführer Amani Joas.
Die Auswirkungen zeigen sich bereits heute: Rund 20 Prozent des Solarstroms wird laut Energieexperte Lion Hirth zu negativen Preisen erzeugt. Industriebetriebe könnten nicht nur Gratisstrom erhalten, sondern sogar Geld dafür, wenn sie diesen abnehmen – ein Zustand, der langfristig Kosten in Milliardenhöhe verursachen könnte.
„Solarstrom-Flut“ bedroht Netzstabilität
Die bisherigen Maßnahmen reichen laut Experten nicht aus, um das Problem zu lösen. Heimspeicher, die von privaten Haushalten betrieben werden, bringen wenig Entlastung, da sie meist zur Maximierung des Eigenverbrauchs genutzt werden und zur Mittagszeit bereits voll sind.
Zudem lassen sich viele ältere Solaranlagen nicht fernsteuern, sodass sie selbst bei negativen Strompreisen weiter einspeisen.
„Ein Wegspeichern der Überschüsse ist illusorisch“, kritisiert Hirth.
Er warnt vor möglichen Strompreisen von minus 100.000 Euro pro Megawattstunde, die in einer einzigen Stunde Kosten von Hunderten Millionen Euro verursachen könnten.
Netzbetreiber und Regierung unter Druck
Die Netzbetreiber fordern dringend Maßnahmen, um die Netzstabilität zu sichern. Bereits vor Weihnachten legten SPD und Grüne einen Gesetzentwurf vor, der Betreibern von Solaranlagen vorschreibt, ihre Anlagen bei Überproduktion automatisch abzuschalten. Doch das Gesetz stockt im parlamentarischen Prozess.
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sieht sowohl technische als auch finanzielle Risiken für die Versorgungssicherheit.
„Wir müssen uns auf Stresssituationen im Stromnetz vorbereiten“, sagte er im November.
Angesprochen auf die Gefahr eines Blackouts, wich Müller aus: „Mehr als Sorgen um technischen und finanziellen Stress werde ich als Behördenchef nicht äußern.“
Energiewende unter Beschuss
Die drohenden Netzprobleme könnten den Ruf des Solarstroms schwer beschädigen. Einst als Symbol für die Demokratisierung der Energieversorgung gefeiert, wandelt sich das Image der Solaranlagen zunehmend zum Risikofaktor. Kritik kommt nicht nur aus der Wirtschaft, sondern auch aus den eigenen Reihen der Energiewende-Befürworter.
Hans-Josef Fell, Mitautor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, sprach von einer „Gefahr für die Versorgungssicherheit“, wenn das Problem nicht rasch gelöst werde.