Neue Gipfel auf der Agenda: Politik ringt um Lösungen zur Migration
Bundeskanzler Olaf Scholz und die Unionsfraktion im Bundestag streben entschlossen nach gemeinsamen Wegen zur Reduzierung irregulärer Migration. Dennoch blieb bis in die Nacht ungewiss, ob das geplante Treffen zwischen Regierung, Union als stärkster Oppositionspartei und Ländervertretern wie vorgesehen diesen Dienstag stattfinden wird. Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, betonte, dass es an weiteren Details der Regierung zur Rechtssicherheit bei Zurückweisungen mangele. Bereits letzte Woche hatten sich Vertreter von Regierung, Union und Bundesländern getroffen. Innenministerin Nancy Faeser ordnete am Montag vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen an, die ab 16. September für sechs Monate gelten sollen, um die Zahl unerlaubter Einreisen zu reduzieren. Laut Ministerium hat die Regierung ein Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt. Faeser habe dies der Unionsfraktion mitgeteilt und geheime Gespräche dazu angeboten. Frei äußerte in den ARD-'Tagesthemen', die Ministerin habe ihm bedauerlicherweise keine Details geliefert. Man habe vereinbart, dass die Regierung ihre Rechtsposition mitteile. Zurückweisungen an der Grenze seien für die Union entscheidend, um über weitere Gespräche zu entscheiden. Die Union geht davon aus, dass ihre Position EU-konform ist. Frei erwartet zudem einen Dominoeffekt, wenn Deutschland Menschen zurückweist, würden andere Länder folgen. Dies könnte schnell zu einem effektiveren europäischen Außenschutz führen. Falls man einen Erfolg erzielen könnte, wäre dies eine große Leistung, so Frei. Eine ehrliche Lösungsfindung müsse von beiden Seiten kommen. Kanzler Scholz betonte auf dem Sommerfest der Parteizeitung 'Vorwärts', die Regierung sei an gemeinsamen Lösungen interessiert. 'Wir würden uns wirklich freuen, wenn wir da noch was gemeinsam machen können,' sagte der SPD-Politiker. Das Angebot sei ehrlich gemeint und von SPD-Seite werde es nicht scheitern. Scholz verwies zudem auf bereits eingeleitete Gesetzesvorhaben und das kürzlich vorgelegte Sicherheitspaket, das härtere Maßnahmen bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber, die Bekämpfung islamistischen Terrors und Verschärfungen im Waffenrecht vorsieht. Dieses Paket soll am Donnerstag im Bundestag beraten werden. Von den Grünen kam scharfe Kritik an der Union. Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, warf Friedrich Merz kindisches Verhalten und Erpressungsversuche vor. Die Grünen seien jedoch bereit, den Gesprächen zu folgen. Während Unionsvertreter wie Boris Rhein und Herbert Reul die Grenzkontrollen begrüßten, pochten sie gleichzeitig auf Zurückweisungen an den Grenzen. Reul forderte ein umsichtiges Vorgehen, um die offenen Grenzen in Europa zu bewahren. SPD-Chefin Saskia Esken betonte, es sei notwendig, die irreguläre Migration auf soliden Grundlagen zu begrenzen und gleichzeitig ein freundliches Gesicht zu bewahren. Linken-Chef Martin Schirdewan kritisierte die gesamte Debatte und forderte eine Investitionswende für ein gerechtes und sicheres Zusammenleben. Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei äußerte Skepsis hinsichtlich der Umsetzung der Grenzkontrollen aufgrund der bereits hohen Auslastung der Bundespolizei. Auch die Wirtschaft sieht die Ankündigung kritisch. Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbands BGA, warnte vor den logistischen und kostensteigernden Auswirkungen der Maßnahmen auf die Lieferketten.