Mercedes-Benz: Neue Aussichten in herausforderndem Umfeld
Der renommierte Autobauer Mercedes-Benz hat seinen Ausblick für die Profitabilität seiner Pkw-Sparte zurückgeschraubt, bedingt durch eine Nachfrageflaute in China. Nachdem das erste Quartal schwach verlief, konnten auch die etwas besseren Zahlen im zweiten Quartal die ursprünglichen Prognosen für die wichtigste Konzerndivision nicht halten. Vorstandsvorsitzender Ola Källenius sprach in einer Telefonkonferenz von einem "ziemlich harten" wirtschaftlichen Umfeld, das auch die Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen betrifft. Hoffnung gibt jedoch die erfolgreiche Lieferwagen-Sparte, deren starke Ergebnisse positiv auffallen. Die Aktie von Mercedes-Benz verzeichnete am Freitag einen leichten Rückgang.
Am Vormittag fiel der Kurs um 0,2 Prozent auf 62,86 Euro. Seit den Höchstständen von mehr als 77 Euro im April hat das Papier einen Großteil der Gewinne aus dem Jahresbeginn wieder eingebüßt. Für 2024 wird nur noch ein kleiner Zuwachs erwartet. Laut George Galliers, Analyst bei Goldman Sachs, könnten Investoren froh sein, dass Mercedes im zweiten Quartal die zweistellige Gewinnmarge bei Pkw trotz geringerer Verkäufe von Top-Modellen halten konnte. Der Kanadier Tom Narayan von der RBC betonte, dass die Senkung der Margenprognose im Pkw-Bereich bereits einkalkuliert war.
Mercedes-Benz sieht sich nach einem langen Erfolgslauf jetzt mit stärkeren Gegenwinden konfrontiert. Die durchschnittlichen Verkaufspreise, die jahrelang stiegen, sanken im zweiten Quartal um 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal und betrugen rund 70.900 Euro. Gründe dafür sind unter anderem die harte Konkurrenz in China und die dortige Immobilienkrise, die wohlhabende Kunden preissensibler macht. Auch die wirtschaftlich angespannte Lage in Europa fordert ihren Tribut. Um die Ziele zu erreichen, müsse das Unternehmen weiterhin die Kosten streng kontrollieren, sagte Källenius.
Für 2024 erwartet der Manager nun eine bereinigte Umsatzrendite von 10 bis 11 Prozent in der Pkw-Sparte, zuvor waren 10 bis 12 Prozent angepeilt. Im zweiten Quartal sanken die Verkäufe der besonders profitablen Top-Modelle und der Gesamtabsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die um Sondereffekte bereinigte operative Marge lag mit 10,2 Prozent mehr als drei Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Nach dem ersten Halbjahr beläuft sich die bereinigte operative Marge von Mercedes-Benz Cars auf 9,6 Prozent.
Für die zweite Jahreshälfte erwartet Mercedes-Benz einen höheren Absatz, insbesondere bei den Top-Modellen dank neuer Versionen, was die Marge in den Zielbereich befördern soll. Der Anteil elektrifizierter Autos (Elektro- und Hybridantriebe) wird 2024 voraussichtlich maximal 20 Prozent betragen und nicht mehr 21 Prozent. Auch beim Finanz- und Mobilitätsdienstleistungs-Geschäft wird Mercedes vorsichtiger. In China herrscht starker Konkurrenzdruck von Banken und Finanzfirmen im Bereich Autokredite und Leasing, was das Neugeschäft deutlich schrumpfen lässt. Zudem belasten niedrigere Zinsmargen das Ergebnis.
Dagegen floriert die Lieferwagen-Sparte weiterhin. Die Stuttgarter rechnen hier nun mit höheren Margen. Trotz eines spürbaren Absatzrückgangs stieg das operative Ergebnis. Neue Modelle und gesunkene Materialkosten trugen zu diesem positiven Trend bei. Andere Konzernaussichten, wie ein Umsatz auf Vorjahresniveau und leicht sinkende Ergebnisse vor Zinsen und Steuern sowie ein geringerer Zahlungsmittelzufluss im Fahrzeuggeschäft, bleiben unverändert.
Der Konzernumsatz sank im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um knapp 4 Prozent auf 36,7 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) fiel um fast ein Fünftel auf etwas über vier Milliarden Euro. Das Konzernergebnis reduzierte sich um knapp 16 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro. Der Zahlungsmittelzufluss im Industriegeschäft ohne Finanzdienstleistungen halbierte sich mehr als auf 1,63 Milliarden Euro.