Kontroverse in Neuseeland: Streit um neue Gesetzgebung
Eine umstrittene Gesetzesinitiative droht die bislang relativ harmonischen Beziehungen zwischen den ethnischen Gruppen in Neuseeland zu belasten. Am 19. November versammelten sich 42.000 Protestierende vor dem neuseeländischen Parlament, angeführt von der Gruppe Bwarriors. Einige Teilnehmer hatten weite Strecken zurückgelegt, um ihrer Ablehnung gegenüber einem Gesetzentwurf Ausdruck zu verleihen, der die Rechte der Maori beschnitten hätte. Die Demonstration zählt zu den größten Kundgebungen zur Unterstützung der Maori in der jüngeren Vergangenheit. Die frühere konservative Premierministerin Jenny Shipley warnte gar vor einem drohenden Bürgerkrieg, was man allerdings als Übertreibung werten kann.
Tatsächlich erlebt Neuseeland zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder sichtbare Spannungen in den ethnischen Beziehungen. Das Land hatte sich stets bemüht, den 1840 zwischen Maori-Häuptlingen und britischen Siedlern geschlossenen Vertrag zu achten und förderte die indigene Sprache und Kultur. Doch seit der Wahl einer konservativen Koalition unter der Führung von Chris Luxon hat sich der Ton geändert. Politische Entscheidungen früherer Labour-Regierungen wurden revidiert, der Gebrauch der Maori-Sprache wurde zurückgefahren und eine Agentur für Gesundheitsversorgung der Maori abgeschafft.
Besonders erhitzte sich die Gemüter, als eine kleinere libertäre Partei innerhalb der Koalition einen Gesetzentwurf einbrachte, der die Rechte der Maori, die ihnen durch den Vertrag zugesprochen wurden, beschneiden würde. Seit den 1970er Jahren untersuchte ein Tribunal Vertragsverletzungen der Vergangenheit und entschädigte die betroffenen Stämme entsprechend. Diese Maßnahmen führten zu Verbesserungen der Lebensbedingungen der Maori. Der Vorsitzende der Partei, David Seymour, der selbst Maori-Wurzeln hat, kritisiert jedoch, dass "aktivistische Richter" den Gründungsvertrag des Landes so ausgelegt hätten, dass den Maori zunehmende Vorrechte gewährt würden. Seiner Meinung nach verschaffe dies der indigenen Bevölkerungsgruppe, die 20 % der Gesamtbevölkerung ausmacht, ungerechtfertigte Vorteile. Sein Gesetzentwurf zielt darauf ab, die modernen Interpretationen des Vertrages zu beschränken. Über 40 Anwälte äußerten in einem offenen Brief die Sorge, das Vorhaben untergrabe die Demokratie. Doch die National Party unter Luxon plant, den Entwurf nach einer öffentlichen Konsultation abzulehnen, auch wenn viele befürchten, dass der Schaden bereits angerichtet sei.