Koalition plant neue Corona-Hilfen

23. April 2020, 14:35 Uhr · Quelle: dpa

Berlin (dpa) - Mit neuen milliardenschweren Hilfen für Arbeitnehmer, Gastronomiebetriebe, Unternehmen und Schulen will die große Koalition die massiven Folgen der Corona-Krise abmildern.

Das Kurzarbeitergeld soll erhöht werden, um vor allem für Geringverdiener Einkommensverluste auszugleichen. Zugleich wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds verlängert. Die in der Krise besonders belasteten Gastronomiebetriebe bekommen Steuererleichterungen.

Darauf verständigten sich am späten Mittwochabend die Spitzen der schwarz-roten Koalition in Berlin. Die Bundesregierung müsse weitere Maßnahmen einleiten, um soziale und wirtschaftliche Härten abzufedern sowie den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu unterstützen, heißt es in einem Beschlusspapier. Deutschland habe die Pandemie durch einschneidende Beschränkungen erfolgreich gebremst. Dies habe erhebliche wirtschaftliche und soziale Folgen.

«Trotzdem können wir nur in kleinen Schritten die Beschränkungen wieder lockern, weil das Virus weiter breit in Deutschland vorhanden ist und wir die Erfolge nicht durch eine erneute exponentielle Infektionswelle gefährden dürfen.» Deshalb müssten die notwendigen Entscheidungen so ausfallen, dass es auch in Zukunft finanzielle Möglichkeiten gebe.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von «sehr intensiven Verhandlungen», bei denen es um schwierige Detailfragen gegangen sei. Sie sei aber «sehr froh und zufrieden mit dem Ergebnis». Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans sagte, es seien wichtige Beschlüsse für Unternehmen und Arbeitnehmer getroffen worden, die unter Einbußen litten.

Ein Überblick über die Beschlüsse:

ANHEBUNG DES KURZARBEITERGELDES

Wegen der schweren wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind Hunderttausende Beschäftigte in Kurzarbeit. Die Bundesagentur für Arbeit ersetzt einen Teil des weggefallenen Nettoeinkommens: Bei kinderlosen Beschäftigten 60 Prozent und bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent. Zwar sehen einige Tarifverträge vor, dass das Kurzarbeitergeld auf fast 100 Prozent des Nettolohns aufgestockt wird. In vielen Branchen gilt das aber nicht. Deswegen forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), es befristet auf 80 und 87 Prozent zu erhöhen. Ansonsten könnten viele Menschen ihre Mieten oder Ratenkredite fürs Auto oder das Eigenheim nicht mehr zahlen.

Die Koalitionsspitzen wollen nun das Kurzarbeitergeld anheben, und zwar gestaffelt. Für diejenigen, die es für eine um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, soll es ab dem 4. Monat des Bezugs auf 70 Prozent beziehungsweise 77 Prozent für Haushalte mit Kindern und ab dem 7. Monat des Bezuges auf 80 Prozent beziehungsweise 87 Prozent für Haushalte mit Kindern steigen - längstens bis Ende 2020. Außerdem werden für Arbeitnehmer in Kurzarbeit ab 1. Mai bis Ende 2020 bereits bestehende Hinzuverdienstmöglichkeiten erweitert.

VERLÄNGERUNG DES ARBEITSLOSENGELDES

Das Wirtschaftsleben ist wegen der Beschränkungen in weiten Teilen zum Erliegen gekommen, bei vielen Unternehmen sind Aufträge und Umsätze eingebrochen. Das hat Folgen auch für den Arbeitsmarkt, in dem derzeit kaum in neue Jobs vermittelt wird. Deswegen soll nun die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verlängert werden - und zwar um drei Monate und für diejenigen, deren Anspruch zwischen dem 01. Mai und 31. Dezember 2020 enden würde.

Wer arbeitslos wird, bekommt bisher 12 Monate lang Arbeitslosengeld, das gilt für Arbeitnehmer bis 50 Jahre - vorausgesetzt, sie waren zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig. Für Arbeitslose ab 50 Jahren steigt die Bezugsdauer in mehreren Schritten auf bis zu 24 Monate an. Voraussetzung: Sie waren 48 Monate oder länger versicherungspflichtig. Die Höhe des Arbeitslosengelds liegt bei 60 Prozent des letzten Netto-Entgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern sind es 67 Prozent.

Kramp-Karrenbauer sagte mit Blick auf den bisherigen Widerstand der Unionsfraktion gegen eine Anhebung, dass der gefundene Kompromiss vertretbar sei - da gezielt besonders Betroffenen geholfen werde, es aber kein Gießkannenprinzip gebe.

STEUERHILFEN FÜR DIE GASTRONOMIE

Der Gastronomie bricht gerade ein Großteil der Einnahmen weg. Deswegen sollen Gastronomiebetriebe nun steuerlich entlastet werden. Die Mehrwertsteuer für Speisen wird laut Beschluss ab dem 1. Juli befristet bis zum 30. Juni 2021 auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent gesenkt.

Bisher gilt für Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrt werden, ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Für Gerichte, die der Gast mitnimmt oder nach Hause bestellt, fallen in der Regel nur 7 Prozent an. Nun soll generell ein Satz von 7 Prozent gelten.

CSU-Chef Markus Söder sagte, er hätte sich eine längere Dauer für die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie gewünscht. «Es war ein dickes Brett zu bohren und es gab einige harte Brocken», sagte er. Gleichwohl sei er nach dem Verlauf der Verhandlungen zufrieden. «Wir waren der festen Überzeugung von Anfang, dass die Mehrwertsteuer der richtige Weg ist, weil es ein Anreizsystem ist, weil es ein Durchstart-System ist.» In Summe bedeute die Steuersenkung eine Entlastung von vier Milliarden Euro.

Söder warnte zugleich davor, den festgelegten Zeitpunkt der Steuersenkung ab Juli mit einer Garantie gleichzusetzen, dass ab dann die Gastronomie wieder geöffnet werden könne. Entscheidend sei, wie sich die Infektionszahlen bis dahin entwickelten. Der Juli sei aber der Bereich, bei dem die Bundesländer in jedem Fall genug Zeit zur Vorbereitung hätten, «damit ein gastronomisches Arbeiten in breiter Form möglich ist». Für den Mai seien dagegen noch keine verlässlichen Aussagen möglich.

MEHR GELD FÜR SCHULEN

Die allermeisten Schulen sind geschlossen, Anfang Mai soll der Unterricht schrittweise wieder starten. Der Bund ist bereit, Schulen und Schüler beim digitalen Unterricht zu Hause mit 500 Millionen Euro zu unterstützen, wie es im Papier heißt. Geplant ist ein Sofortausstattungsprogramm. Damit sollen die Schulen in die Lage versetzt werden, bedürftigen Schülern einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung entsprechender Geräte zu gewähren. Darüber hinaus solle die Ausstattung der Schulen gefördert werden, die für die Erstellung professioneller Online-Lehrangebote erforderlich ist.

NACHBESSERUNGEN BEI WIRTSCHAFTSHILFEN

Die Politik hat bereits milliardenschwere Hilfsprogramme für die Wirtschaft beschlossen, um Jobs und Firmen zu erhalten. Die Bundesregierung hatte bereits angekündigt, bei Bedarf nachzubessern. Geplant sind nun steuerliche Entlastungen für kleine und mittelständische Unternehmen - um Liquidität zu sichern. Konkret geht es um die sogenannten Verlustverrechnung. Absehbare Verluste für dieses Jahr sollen mit Steuer-Vorauszahlungen aus dem vergangenen Jahr verrechnet werden dürfen.

WEITERE MILLIARDENKOSTEN

Die neuen Hilfen kosten Milliarden. Walter-Borjans sprach von Kosten «oberhalb» von 10 Milliarden Euro. Alleine die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie koste für ein Jahr bis zu 5 Milliarden, die Hilfen für die Liquidität der Firmen rund vier Milliarden Euro. Die Bundesregierung hatte bereits massive Hilfspakete für Unternehmen, Selbstständige und Arbeitnehmer geschnürt. Dafür plant sie mit neuen Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro. Wegen der Hilfspakete steigt Deutschlands Staatsverschuldung deutlich an. Das Finanzministerium rechnet damit, dass die Schuldenquote - also das Verhältnis der Schulden zur gesamten Wirtschaftsleistung - Ende des Jahres bei 75,25 Prozent liegen wird, wie aus dem Stabilitätsprogramm 2020 hervorgeht.

Das Ende der Fahnenstange aber dürfte noch nicht erreicht sein. Denn neben den akuten Krisenhilfen sind auch Maßnahmen geplant, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Auch das dürfte Milliarden kosten. Die Steuereinnahmen aber dürften zurückgehen, weil Deutschland in eine Rezession rutscht. Im Mai ist die neue Steuerschätzung.

Bundesregierung / Koalition / Parteien / Gesundheit / Krankheiten / CDU / CSU / SPD / Corona-Hilfen / Kurzarbeitergeld / Angela Merkel / Deutschland
23.04.2020 · 14:35 Uhr
[6 Kommentare]
Bundeskanzler Olaf Scholz
Berlin (dpa) - Aus einer äußerst schwierigen Ausgangslage startet die SPD mit Bundeskanzler Olaf Scholz an der Spitze in den Bundestagswahlkampf. Nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius will der Parteivorstand den Chef der gescheiterten Ampel-Regierung am kommenden Montag als Kanzlerkandidaten nominieren. In den nächsten drei Monaten muss Scholz ausweislich der Wahlumfragen […] (00)
vor 13 Minuten
Fachkräftemangel: Startup-Szene bemängelt langsame Visaverfahren
Die deutsche Startup-Szene sieht sich in der Bredouille: Die wirtschaftliche Lage ist angespannt, und das daraus resultierende Ausbleiben von neuen Investitionen sind eine Wachstumsbremse. Hinzu kommt, dass sich der Fachkräftemangel auch im Startup-Bereich bemerkbar macht. Deutschlandweit benötigen junge Unternehmen weiterhin Fachkräfte, besonders im IT-Bereich. Dieser Arbeitskräftemangel kann […] (01)
vor 9 Stunden
QNAP – Wachsende Nachfrage nach effizienten und skalierbaren KI-Speicherlösungen
Ob Coding, Content oder Customer Service – wer effizient und wettbewerbsfähig wirtschaften möchte, setzt auf generative KI. Vor dem Hintergrund verstärkter Anforderungen in puncto Sicherheit und Skalierbarkeit entscheiden sich immer mehr Unternehmen für das On-Premise Training ihrer KI-Modelle. In diesem Kontext unverzichtbar sind hochperformante Speicherlösungen, die maßgeblich über die […] (00)
vor 7 Stunden
Xbox Cloud Gaming: So kannst du deine eigenen Spiele streamen
Aber was genau ändert sich mit dieser Neuerung und wie funktioniert sie? Wie funktioniert das neue Feature? Dank der neuen Funktion kannst du nun Spiele, die du über Xbox erworben hast, direkt in der Cloud streamen. Dies gilt für über 50 Titel, die sowohl für PC, Smartphones als auch Tablets verfügbar sind. Du musst die Spiele nicht extra herunterladen oder installieren, sondern kannst sie ganz […] (00)
vor 4 Stunden
«Captive’s War»-Dreharbeiten gestartet
Hinter der neuen Serie stehen die Macher der Serie «The Expansive». Die Syfy- und Amazon-Serie «The Expansive» wird zwischen 2015 und 2021 ausgestrahlt, nun haben sich die Macher hinter dem Epos ein neues Werk ausgedacht. Sie haben sich die Fernsehrechte an dem Buch The Captive’s War gesichert. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Amazon MGM Studios und der neu gegründeten Firma Expanding Universe. Die Firma Expanding Universe […] (00)
vor 3 Stunden
Pep Guardiola
Manchester (dpa) - Pep Guardiola hat alle Spekulationen beendet: Seine Ära bei Manchester City geht auch nach dieser Saison weiter und soll über ein Jahrzehnt dauern. Der 53 Jahre alte Starcoach unterschrieb ein neues Arbeitspapier, das bis zum 30. Juni 2027 beim englischen Fußball-Serienmeister gültig ist. Sein vorheriger Vertrag wäre nach dieser Saison ausgelaufen. Dass die Verlängerung nach […] (01)
vor 5 Stunden
Datenadern unter Druck: Wie verletzlich die westliche Infrastruktur wirklich ist
Sabotage oder Zufall? Ein Bruch zweier Unterwasserdatenkabel in der Ostsee sorgt für internationale Besorgnis. Die beschädigten Verbindungen – C-Lion1 zwischen Deutschland und Finnland sowie ein Kabel von Telia Lietuva zwischen Schweden und Litauen – sind essenziell für die Internetkommunikation und Cloud-Dienste. Experten halten Sabotage für wahrscheinlicher als eine natürliche Ursache. Während […] (00)
vor 6 Stunden
Ferrum und KHS übernehmen H. F. Meyer
Schafisheim/Dortmund/Neustadt in Holstein, 21.11.2024 (PresseBox) - Die Ferrum Packaging AG, führender Hersteller von Dosenverschließern für die Getränkeindustrie, übernimmt zusammen mit der KHS GmbH zum 01.01.2025 die H. F. Meyer Maschinenbau GmbH & Co. KG. H. F. Meyer hat besondere Stärken in spezifischen Segmenten der Dosentechnik, darunter Dosenwender und -rinser sowie Vakuumbrücken, und bringt eine spezialisierte Expertise mit, die die […] (00)
vor 9 Stunden
 
Bushaltestelle (Archiv)
Berlin - Die SPD will die Fortführung des Deutschlandtickets über das Jahr 2025 hinaus zum […] (02)
Debatte über Kanzlerkandidatur der SPD - Pistorius verzichtet
Berlin (dpa) - Nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius soll Bundeskanzler […] (17)
Schnee (Archiv)
Offenbach - Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor starkem Schneefall im Süden Deutschlands. […] (00)
Steffi Lemke (Archiv)
Baku - Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sieht die deutsche Delegation auf der UN- […] (00)
Kurz nach Joyn-Start: Reality Backpackers kommt zu ProSieben
Zwar läuft die zweite Staffel erneut nur spät nachts, aber nicht ganz so spät wie Runde eins im Frühjahr. […] (00)
Manuel Neuer
München (dpa) - Manuel Neuer (38) hat der «Bild» zufolge das Training beim FC Bayern München […] (00)
DYNASTY WARRIORS: ORIGINS – Kostenlose Demoversion startet
KOEI TECMO Europe und Entwickler Omega Force haben heute bekanntgegeben, dass ab dem 22. […] (00)
Rechenzentren: Deutschland verliert den Anschluss
Der deutsche Rechenzentrumsmarkt wächst, verliert international aber an Bedeutung. Insbesondere […] (00)
 
 
Suchbegriff