Kabinettsschock in Ottawa: Chrystia Freeland tritt als Finanzministerin zurück
Eine Überraschung für die kanadische Politiklandschaft: Chrystia Freeland, Kanadas Finanzministerin und stellvertretende Premierministerin, hat ihren Rücktritt eingereicht, nachdem es zu Spannungen mit Premierminister Justin Trudeau gekommen war. Inhaltlich drehte sich der Disput um den Umgang mit potenziellen US-Zöllen und Trudeaus erhöhtem Ausgabenkurs, den Freeland als politisches Manöver abtat, welches Ottawas Fähigkeit gefährden könnte, mit den vom designierten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten 25%igen Importzöllen umzugehen.
Der Rücktritt erfolgte nur wenige Stunden bevor Freeland eine Herbstwirtschaftsaktualisierung im Parlament präsentieren sollte, in der mit einem größeren Haushaltsdefizit für 2023/24 gerechnet wurde. Trotz des Abgangs von Freeland wird das Dokument wie geplant vorgestellt, so die Regierungsvertreter.
Trudeaus Regierung verliert mit dem Weggang von Freeland eine wichtige Mitstreiterin in einer ohnehin angespannten Lage. Nik Nanos, Gründer der Nanos Research Umfragefirma, äußerte sich, dass dies voraussichtlich eine Führungskrise innerhalb der Liberalen Partei auslösen könnte.
Freeland war seit August 2020 Finanzministerin und hat in dieser Funktion signifikante Ereignisse begleitet. Auf dem Finanzmarkt kletterten die Renditen kanadischer 10-Jahres-Anleihen auf ihren höchsten Stand seit dem 28. November, während der kanadische Dollar auf ein viereinhalbjähriges Tief fiel, bevor er sich stabilisierte. Dies spiegelt die Unsicherheit wider, die der politische Wechsel mit sich bringt.
In einem offenen Brief an Trudeau hob Freeland die Bedrohung neuer US-Zölle hervor und appellierte für eine zurückhaltende Fiskalpolitik. Auch interne Vorschläge zu temporären Steuererleichterungen und anderen Ausgabenmaßnahmen führten zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Freeland und Trudeau.
Bemerkenswert an ihrer Rücktrittserklärung war die deutliche Kritik, eine Seltenheit in der kanadischen politischen Kultur.