Fünf Indikatoren für Eskalation – Wie sich der Machtkonflikt zwischen China und den USA verschärft
Während sich die Aufmerksamkeit internationaler Märkte auf gegenseitige Strafzölle konzentriert, verschärft sich der geopolitische Systemkonflikt zwischen China und den USA in weniger sichtbaren, aber strategisch entscheidenden Bereichen. Fünf Indikatoren zeichnen ein Bild wachsender militärischer und technologischer Konfrontation – mit Taiwan im Brennpunkt, Cybersicherheit als vorderster Front und einer maritimen Aufrüstung von historischer Dimension.
Den sichtbarsten Bruch liefern derzeit die Handelsbeziehungen: Die USA und China überziehen sich mit immer breiter angelegten Zollmaßnahmen. Peking wiederum reagiert mit Exportkontrollen auf kritische Rohstoffe wie Seltene Erden und strategische Metalle – ein sektorales Gegenstück zur US-Tarifpolitik. Die historische Parallele zur Eskalation vor dem Pazifikkrieg 1941 liegt auf der Hand.
Parallel dazu intensiviert China seine militärische Präsenz rund um Taiwan. Über 3.000 Luftraumverletzungen der Air Defense Identification Zone (ADIZ) wurden 2024 verzeichnet – nahezu doppelt so viele wie im Vorjahr. Diese Frequenz gilt sicherheitspolitisch als präziser Gradmesser für Pekings militärische Entschlossenheit, auch ohne unmittelbaren Konflikt.
Im südchinesischen Meer zeigt sich eine ähnliche Dynamik. Dort baut China seit Jahren künstliche Inseln zu Marinestützpunkten aus – die sogenannte „Great Wall of Sand“. Der Fokus liegt auf der Einschüchterung kleinerer Anrainerstaaten, insbesondere der Philippinen. Deren Präsident Ferdinand Marcos Jr. hat die Kooperation mit den USA spürbar intensiviert, inklusive erweiterter US-Zugriffsrechte auf philippinische Militärbasen in strategischer Lage zur chinesischen Küste.
Die industrielle Rückseite dieses Aufmarschs ist ein massives Schiffbauprogramm. China produziert jährlich 20 bis 30 Kriegsschiffe und hat mit inzwischen über 360 Einheiten eine zahlenmäßig größere Flotte als die USA. Pekings Zielgröße liegt bei über 400 Kampfschiffen. Wer wissen will, wie ernst China die militärische Option nimmt, sollte Chinas Werften beobachten.
Eine oft unterschätzte Eskalationsachse ist der Cyberraum. Angriffe unter anderem durch die Offensiveinheit „Volt Typhoon“ haben 2024 US-Infrastruktur wie Häfen, Wasserwerke und Telekommunikationssysteme ins Visier genommen. Solche Operationen wurden zuletzt auf Regierungsebene thematisiert – ein Zeichen, dass die Schwelle zur offenen Cyberkonfrontation sinkt.
Ob das alles zwangsläufig in eine militärische Konfrontation mündet, bleibt offen. Doch wie der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber James Stavridis betont: Die Geschichte wird oft durch kleine, unscheinbare Ereignisse entschieden. Wer die Eskalation verstehen will, muss die gelben Warnlichter ernst nehmen – bevor sie rot werden.