Fachkräftemangel: Startup-Szene bemängelt langsame Visaverfahren
Die deutsche Startup-Szene sieht sich in der Bredouille: Die wirtschaftliche Lage ist angespannt, und das daraus resultierende Ausbleiben von neuen Investitionen sind eine Wachstumsbremse. Hinzu kommt, dass sich der Fachkräftemangel auch im Startup-Bereich bemerkbar macht. Deutschlandweit benötigen junge Unternehmen weiterhin Fachkräfte, besonders im IT-Bereich. Dieser Arbeitskräftemangel kann derzeit nur gedeckt werden, wenn auch Menschen aus dem Ausland kommen. Doch der Fachkräftenachschub wird ausgebremst, zumindest aus der Sicht vieler Startups. Komplexe und lange Visaverfahren erschweren die Suche nach qualifizierten Menschen im Ausland.
Visaverfahren sind zu komplex und langwierig
Gemeinsam mit Stepstone hat der Startup-Verband ein Paper mit dem Titel „Internationale Talente als Wachstumsfaktor“ veröffentlicht. In diesem kommt das deutsche Visaverfahren nicht gut weg. 40 Prozent der Startups sowie 57 Prozent der Scaleups bemängeln die Dauer der Verfahren, während 45 Prozent der Startups sowie 49 Prozent der Scaleups über die hohe Komplexität der Verfahren klagen. Als Resultat dieser Probleme sei der Visaprozess ein Problem beim Recruiting von Fachkräften im Ausland.
„ Um im internationalen Wettbewerb nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten, muss Deutschland bei der Visavergabe endlich digitaler, schneller und unkomplizierter werden – sonst sind die besten Programmierer längst in anderen Ländern beschäftigt, noch bevor sie hier überhaupt einen Termin bei der Deutschen Botschaft bekommen„, erläutert Magdalena Oehl, ihres Zeichens stellvertretende Vorsitzende des Startup-Verbandes. Dabei steht Deutschland vor allem mit Ländern wie den USA, England und Frankreich in Konkurrenz.
Hinzu kommt, dass die Bedingungen der Visavergabe nicht gut zu den Anforderungen von Startups passen. Die Anerkennung von Berufs- und Bildungsqualifikationen sei zu streng. Außerdem wird kritisiert, dass die Visaverfahren vorwiegend in deutscher Sprache gestaltet sind, während in 34 Prozent der Startups hauptsächlich Englisch gesprochen wird. Bei den Scaleups sind es sogar 74 Prozent.
Einfachere Visaverfahren sind nötig
Vereinfacht Visaverfahren sind für die Wirtschaft generell von großem Interesse, weshalb das Auswärtige Amt kürzlich den „Aktionsplan Visabeschleunigung“ verabschiedete. Dieser sieht etwa die Aufstockung des Personals von Visastellen sowie die Vollständige Digitalisierung des nationalen Visaverfahrens bis Anfang 2025 vor. „Die schrumpfende Bevölkerung bedroht unseren Wohlstand, Deutschland steuert sehenden Auges in die große Arbeiterlosigkeit. Deutschland ist mehr denn je auf qualifizierte Einwanderung angewiesen – das gilt insbesondere für wachstumsstarke Unternehmen.“ Es brauche ein zukunftsorientiertes Einwanderungssystem. „Wir müssen dafür sorgen, dass Unternehmen und internationale Talente schneller zusammenfinden“, erläutert Sebastian Dettmers, seines Zeichens CEO von Stepstone.
Ohne bessere Willkommenskultur geht es nicht
Eine wichtige Rolle für die dauerhafte Verankerung ausländischer Fachkräfte spielen außerdem soziokulturelle Faktoren – unter anderem die „Willkommenskultur“. Im jährlichen Expat-Insider-Bericht von Internations landete Deutschland 2023 auf einem traurigen 49. Platz – von 53 Ländern. Die Digitalwirtschaft in Deutschland ist zudem angesichts des Erstarkens der AfD besorgt – denn ohne qualifizierte Zuwanderung, so heißt es, sei die Fachkräftelücke in Deutschland nicht mehr zu schließen.
Auch der Branchenverband der IT äußerte sich deutliche zur AfD auf Bundesebene. Die Partei verhalte sich „In ihrer politischen Grundhaltung wie auch in ihren einzelnen Vorschlägen und Forderungen scharf gegen die Interessen der digitalen Wirtschaft„, heißt es in einem Positionspapier.