Elektromobilität in Deutschland: Ladeinfrastrukturausbau trifft auf geringe Auslastung
Die Elektromobilität in Deutschland steht vor einem bemerkenswerten Dilemma: Einerseits schreitet der Ausbau der Ladeinfrastruktur zügig voran, andererseits zeigt sich eine niedrige Nutzung der vorhandenen Ladepunkte. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) waren im zweiten Halbjahr 2024 im Schnitt nur 17 Prozent der öffentlich zugänglichen Ladepunkte zeitgleich belegt. Dies deutet auf eine erhebliche Überkapazität im Bereich der Ladeinfrastruktur hin.
Marktführer EnBW hat angesichts dieser Zahlen seine Ausbauziele angepasst. Wie Dirk Güsewell, Mitglied des Vorstands, erläuterte, sei derzeit kein Engpass bei der Ladeinfrastruktur zu erkennen. Eine Analyse des Unternehmens Elvah zeigt sogar, dass rund ein Viertel der Ladepunkte in Deutschland kaum genutzt werden. Trotz der Installation von 161.686 Ladepunkten, darunter über 36.000 Schnellladepunkte, bleibt die Auslastung regional stark schwankend, von lediglich 3 bis 40 Prozent.
In Bezug auf die Planung der Standorte berücksichtigt EnBW eine fünfjährige Wachstumsperspektive. Die geringe derzeitige Auslastung wird mit einem künftigen Anstieg der E-Auto-Zulassungen begründet. Dennoch betont Kerstin Andreae vom BDEW die Notwendigkeit, die Nachfrage nach E-Fahrzeugen zu stärken, um das bestehende Ladeangebot effektiv zu nutzen. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums ergänzt, dass das Ladeverhalten stark von Faktoren wie Ladetarifen und Aufenthaltsqualität an den Stationen beeinflusst wird.
EnBW hat kürzlich sein Ziel für den Ausbau von Ladepunkten bis 2030 aufgrund des verlangsamten Wachstums der Elektromobilität von 30.000 auf 20.000 reduziert, sieht dies jedoch nur als zeitliche Verschiebung. Die grundsätzliche Entwicklung bleibe positiv, wie Konzernchef Georg Stamatelopoulos feststellte. Ein nachhaltiger Anreiz zur Förderung des E-Auto-Kaufs könnte der Schlüssel zum erfolgreichen Ausbau der Ladeinfrastruktur sein.