Deutschland gerät unter Druck: Sanierungsbedarf bei Brücken wächst
Der Sanierungsstau bei maroden Brücken in Deutschland hat offenbar bereits kritische Ausmaße erreicht, wie eine aktuelle Erhebung der Organisation Transport & Environment (T&E) zeigt. Demnach sind rund 16.000 Brücken, die unter Bundesverantwortung stehen, baufällig. Eine Verschiebung der notwendigen Sanierung könnte mittelfristig zu erheblich höheren Kosten führen. Dabei wird die Investition in den Ersatzneubau von Brücken auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene auf bis zu 100 Milliarden Euro geschätzt.
T&E ist ein europäischer Dachverband, der sich für nachhaltigen Verkehr engagiert. Überraschend ist, dass das Verkehrsministerium die Angabe von 16.000 maroden Brücken anzweifelt und als nicht nachvollziehbar einstuft. Doch aktuelle Beispiele verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf: Die Ringbahnbrücke in Berlin musste aufgrund eines strukturellen Risses gesperrt und abgerissen werden. Auch die Carolabrücke in Dresden sowie die Brücke am Damaschkeplatz in Magdeburg sind betroffen.
Ein weiteres Beispiel ist die Rader Hochbrücke in Schleswig-Holstein, die auf dem Weg nach Dänemark liegt. Die Arbeiten an einem Ersatzneubau haben bereits begonnen, wobei die erste Fertigstellung für Ende 2026 geplant ist. Die vollständige Erneuerung der 1.500 Meter langen Querung soll bis 2030 erfolgen.
Der Bericht von T&E stellt klar, dass viele Brücken, insbesondere jene aus den 1970er Jahren, über ihre Belastungsgrenzen hinaus beansprucht werden. Kritisiert wird, dass das Verkehrsministerium in seinem Brückenmodernisierungsprogramm von 2022 nicht das gesamte Autobahnnetz berücksichtigt. Der Sanierungsplan sieht die Instandsetzung von 4.000 Brücken im Kernnetz über zehn Jahre vor, während eine weitere Gruppe gleicher Größe langfristig folgen soll. Eine Sprecherin des Ministeriums betonte die Notwendigkeit der Priorisierung aufgrund beschränkter Ressourcen.
Besonders prekär ist die Lage in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, wo Brücken stark überlastet sind. Nordrhein-Westfalen weist einen doppelt so hohen Ersatzbedarf auf wie Bayern, während ostdeutsche Flächenländer aufgrund stabilerer Bauweise besser dastehen.
Benedikt Heyl von T&E Deutschland erhebt darüber hinaus schwere Vorwürfe: Das Verkehrsministerium sei derart im Rückstand, dass die Autobahn GmbH eine Art Priorisierungsliste für Brückensanierungen führe. Diese „Triage“ sei sowohl absurd als auch kostspielig. T&E fordert mehr finanzielle Unterstützung für die Kommunen, wobei Instandhaltung Vorrang vor Neubau haben sollte. Diese Forderung wird von der Grünen-Haushälterin Paula Piechotta unterstützt, die eindringlich betont, dass Erhaltung zukunftsweisend ist.