Deutschland auf der Überholspur: Elektroauto-Ladeinfrastruktur wächst – Nutzer bleiben aus
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland scheint, statistisch betrachtet, weitreichend zu sein – die Nutzung hinkt jedoch hinterher. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) waren im zweiten Halbjahr 2024 im Schnitt lediglich 17 Prozent der öffentlichen Ladepunkte belegt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Vielzahl der Stationen ungenutzt bleibt.
Der in Karlsruhe ansässige Energiemarktführer EnBW sieht angesichts dieser Zahlen keinen unmittelbaren Bedarf für einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur. "Ein Engpass bei der Ladeinfrastruktur ist aus heutiger Sicht nicht abzusehen", unterstrich Vorstandsmitglied Dirk Güsewell. Eine Untersuchung des Marktdatenunternehmens Elvah untermauert dies, indem sie aufzeigt, dass ein Viertel der Ladepunkte überhaupt nicht genutzt wird.
Diese Zahlen stehen allerdings im Kontrast zum kontinuierlichen Anstieg an Ladepunkten: Anfang Februar 2024 zählte die Bundesnetzagentur deutschlandweit 161.686 Ladepunkte – ein Anstieg von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Interessanterweise ist der Anstieg bei den Schnellladepunkten mit 39 Prozent noch signifikanter.
Die EnBW plant ihre Standorte mittelfristig mit Blick auf die Auslastung in den kommenden fünf Jahren und sieht ungenutzte Ladepunkte eher als eine Investition in die Zukunft mit steigenden E-Fahrzeugzahlen. Die Anzahl der Elektroautos, die bestehende Ladeinfrastruktur und der Anteil der privat ladenden Fahrzeughalter sind essenzielle Faktoren in der vorhergehenden Planung.
Regional variiert die Auslastung dramatisch von 3 Prozent in manchen Gebieten bis zu 40 Prozent in anderen, wie etwa im Landkreis Böblingen. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums mahnt allerdings, dass diese Zahlen nicht die gesamte komplexe Dynamik des Ladeverhaltens widerspiegeln, da sie Aspekte wie Ladetarife und Aufenthaltsqualität auslassen.
Sie betont die Wichtigkeit einer vielseitigen Infrastruktur zur Vermeidung von Wartezeiten während Spitzenzeiten. BDEW-Chefin Kerstin Andreae fordert ein klares Signal zur Förderung der E-Auto-Nachfrage, um die Kontinuität im infrastrukturellen Ausbau zu gewährleisten.
Ihrer Ansicht nach funktioniert der Wettbewerb im privaten Sektor hervorragend, während EnBW-Vertreter Güsewell nachhaltige Anreize für den E-Auto-Kauf als entscheidend für die Elektromobilität sieht. Aktuell betreibt EnBW mehr als 6.000 Schnellladepunkte in Deutschland und plant, bis 2030 insgesamt 20.000 Ladepunkte in Betrieb zu nehmen. Diese Zielsetzung wurde aufgrund eines verzögerten Wachstums bei der Elektromobilität von ursprünglich 30.000 Ladepunkten angepasst, wobei das Unternehmen an dem langfristigen positiven Trend festhalten will.