Chinas Immobilienkrise vertieft sich – Vankes Rekordverlust stellt Systemstabilität infrage
Mit einem Jahresverlust von 49,5 Mrd. Yuan (6,8 Mrd. USD) meldete der börsennotierte Immobilienkonzern China Vanke am 31. März das schlechteste Ergebnis seit seiner Börsennotierung 1991. Die Quartalszahlen für Q4 2024 implizieren einen Verlust von über 32 Mrd. Yuan – ein Rückschlag, der sämtliche Hoffnungen auf eine Stabilisierung des Immobilienmarktes jäh dämpft.
Vanke galt lange als halbwegs solider Akteur in einem zunehmend ausgedünnten Markt. Als fünftgrößter Entwickler Chinas mit rund 130.000 Mitarbeitenden, staatlicher Rückendeckung und vergleichsweise moderater Verschuldung hatte das Unternehmen bis zuletzt als „zu stabil zum Scheitern“ gegolten. Doch mit dem Einbruch der Verkaufszahlen – der niedrigste Stand seit über zehn Jahren – geriet auch Vanke unter Druck. Anfang Februar griff die Stadtregierung ein: Der Mehrheitsaktionär Shenzhen Metro Group stellte 2,8 Mrd. Yuan zur Verfügung. Trotzdem reichte die Liquidität nicht aus, um die Lage zu stabilisieren.
Chinas Immobilienmarkt, einst ein zentraler Wachstumstreiber, steckt seit 2020 in einer strukturellen Krise. Die Einführung der sogenannten „drei roten Linien“ – regulatorische Obergrenzen für Verschuldung und Liquiditätskennzahlen – entzog vielen Entwicklern die Finanzierung. Evergrande, Country Garden und Sunac mussten bereits Insolvenz anmelden. Vankes Absturz reiht sich nun in diese Liste ein – mit besonderem Gewicht, weil es bisher als Überlebender der Krise galt.
Die Ursachen liegen tiefer: Jahrzehntelang befeuerte der Urbanisierungsschub – von einem Drittel städtischer Bevölkerung 1998 auf über zwei Drittel heute – eine spekulative Investitionswelle. Der Immobiliensektor machte zu Spitzenzeiten rund ein Viertel des BIP aus, Wohnungen bildeten fast 80 % der privaten Vermögenswerte. Parallel wuchs ein Schattenbankensystem, das mit Vorverkäufen, Hebelfinanzierung und intransparenten Verbindlichkeiten operierte.
Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung dieser Überhitzung trafen auf eine bereits angeschlagene Branche, deren Projektpipeline zum Erliegen kam. 400 Mio. Quadratmeter neu gebauter Wohnraum stehen seit Mitte 2024 leer. Gleichzeitig stieg die Verschuldung der Haushalte auf 145 % des verfügbaren Einkommens. Die Folge: Zahlungsrückstände bei Hypotheken, Notverkäufe und ein weiter fallender Markt.
Zwar reagierte Peking 2022 mit einem Unterstützungsprogramm über 200 Mrd. Yuan für blockierte Projekte und Lockerungen bei Hypothekenkonditionen, doch die Wirkung bleibt begrenzt. Selbst weitere Zinssenkungen der People’s Bank of China – die Leitzins liegt bereits bei 1,5 % – dürften an der strukturellen Schwäche wenig ändern.
Der Markt ist überversorgt, das Vertrauen der Käufer erschüttert, und der Reformwille der Regierung stößt auf systemische Grenzen. Die Überlegung, in Metropolen wie Shanghai oder Peking Aufenthaltsgenehmigungen für Nicht-Einheimische zu lockern oder zwischen Erst- und Zweitimmobilien zu unterscheiden, zeigt, wie weit die Regierung mittlerweile zu gehen bereit ist. Doch der Absturz eines Schwergewichts wie Vanke markiert mehr als nur eine Unternehmenskrise – er rückt das Fundament des chinesischen Wachstumsmodells ins Zentrum der Zweifel.