Brücken im Schleudergang: Der Sanierungsstau kostet Milliarden
Die Situation der Brückeninfrastruktur in Deutschland ist dramatischer als bislang veranschlagt. Wie eine Auswertung der Organisation Transport & Environment (T&E) zeigt, sind etwa 16.000 Brücken, die dem Bund unterstehen, in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Das Verschleppen von Sanierungen führt unweigerlich zu einer Zunahme der Verschleißerscheinungen und könnte mittelfristig die Sanierungskosten in die Höhe treiben. T&E schätzt, dass insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro in Ersatzneubauten auf verschiedenen Verwaltungsebenen investiert werden müssen.
Einige weitreichende Beispiele verdeutlichen das Problem: Die Ringbahnbrücke auf der A100 in Berlin, aufgrund eines Risses seit März gesperrt, muss abgerissen und neu gebaut werden. Ähnlich prekär war die Lage bei der Carolabrücke in Dresden, deren einsturzgefährdete Teile im vergangenen Jahr die Elbe durchkreuzten. Solche Szenen sind nicht neu, wie T&E schreibt. Vielerorts sind Brücken, die in den 1970er Jahren konzipiert wurden, auf deutlich geringere Verkehrslasten ausgelegt gewesen.
Die Kritik am Verkehrsministerium ist deutlich: Sein 2022 eingeführtes Brückenmodernisierungsprogramm erfasst lediglich einen Teil der Autobahninfrastruktur. Tatsächlich liegt die Schätzung des Dachverbands bei über 5.900 Brücken, die dringend ersetzt werden müssen, mit weiteren 10.240 Bauwerken, die überbelastet sind und zumindest einer Verstärkung bedürfen.
Besonders schlecht schneiden die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen ab, während in Nordrhein-Westfalen der Neubauanteil doppelt so hoch sein soll wie in Bayern. Im Gegensatz dazu scheinen die ostdeutschen Länder besser vorbereitet, da ihre Brücken häufig bereits in den 1990er Jahren auf höhere Belastungen ausgelegt wurden.
Benedikt Hey von T&E Deutschland kritisiert das Verkehrsministerium scharf. Er spricht davon, dass die Sanierungsbedarfe so zurückliegen, dass man innerhalb der Autobahn GmbH bereits eine „Triage“ bei der Brückenmodernisierung erwägt. T&E fordert daher eine Prioritätensetzung bei der Sanierung vor dem Neubau sowie eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder.