Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung: BfR sieht Handlungsbedarf und positive Entwicklungen
In der Masttierhaltung wurden im vergangenen Jahr weiterhin erhebliche Mengen an Antibiotika eingesetzt. Angesichts möglicher Resistenzen und Risiken für die öffentliche Gesundheit äußert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) spezifische Bedenken hinsichtlich des fortgesetzten Gebrauchs von Polypeptidantibiotika. „Es bedarf weiterer Anstrengungen, diesen Anteil weiter zu reduzieren“, betont der BfR-Wissenschaftsbericht „Antibiotika-Verbrauchsmengen und Therapiehäufigkeit 2023“. Aufgrund einer neuen Berechnungsmethode lassen sich die aktuellen Zahlen nicht direkt mit den Vorjahren vergleichen.
Insgesamt wurden 478 Tonnen antimikrobielle Wirkstoffe erfasst, die verschiedenen Wirkstoffklassen zugeordnet werden. Darunter befinden sich 30 Tonnen Polypeptidantibiotika, deren Anwendung aufgrund ihrer Bedeutung in der Humanmedizin und der damit verbundenen Resistenzgefahr bei Tieren eingeschränkt werden sollte.
Nichtsdestotrotz erkennt das BfR erfreuliche Fortschritte in der Resistenzentwicklung: Die Resistenzen von E.coli-Bakterien aus Mastschweinen gegenüber bestimmten Antibiotika wie Tetrazyklin, Sulfamethoxazol, Trimethoprim und Cefotaxim haben sich seit 2015 signifikant verringert. Keines dieser Antibiotika zeigte einen Anstieg der Resistenz. E.Coli-Bakterien, die im Darm von Mensch und Tier vorkommen, wurden hierzu mittels Blinddarmproben von Schlachttieren untersucht.
Auch bei Mastkälbern zeigt sich seit 2015 eine verringerte Resistenzrate gegen Azithromycin und Sulfamethoxazol. Auch hier wurde kein signifikanter Anstieg der Resistenzraten beobachtet. Aktuell liegen jedoch nur Daten zu Mastschweinen und Mastkälbern für das Jahr 2023 vor, wobei im nächsten Jahr auch Daten zu Masthühnern und Mastputen erwartet werden.
Ein besonderes Augenmerk legt das BfR auf Saugferkel, die häufig in einem erheblichen Teil der Betriebe mit Antibiotika behandelt werden. Einige Betriebe verzeichnen jedoch einen deutlich geringeren Antibiotika-Einsatz bei den jungen Ferkeln. Dies deutet auf ein großes Potenzial zur Reduktion des Antibiotika-Gebrauchs hin. Für das BfR stellt dies ein zentrales Verbesserungspotenzial dar, da Saugferkel im Jahr 2023 erstmals vom Antibiotika-Minimierungskonzept erfasst wurden.
Europäisch betrachtet sterben jährlich Zehntausende Menschen an Antibiotika-Resistenzen, da krankmachende Bakterien gegen gängige Antibiotika unempfindlich werden. Der exzessive Antibiotika-Einsatz in der Tierzucht gilt als eine der Hauptursachen für die Entstehung und Verbreitung resistenter Erreger.