Adel verpflichtet: Letzter Stand der Erbpeers im britischen Oberhaus
In der britischen Politszenerie spielt sich eine dramatische Episode ab: Die verbliebenen erblichen Peers des Vereinigten Königreichs stehen vor einer historischen Herausforderung im House of Lords. Die Aussichten auf einen Erfolg sind gering, doch die britische Aristokratie ist bekannt dafür, trotz überwältigender Widrigkeiten standhaft zu bleiben, ähnlich wie einst in der Schlacht an der Somme.
Das Herzstück der Kontroverse bildet der "House of Lords (Hereditary Peers) Bill", ein langwieriger Reformversuch der Regierung, um ererbte Sitze im Oberhaus abzuschaffen. Im Gegensatz zum Gewicht von 700 Jahren Geschichte und Tradition steht der gesetzliche Vorstoß und eine starke Regierungsmehrheit. Die königliche Zustimmung dürfte nur noch Formsache sein. Doch die Peers zeigen sich kämpferisch: Mit feinen Nuancen und scharfem Witz verteidigen sie ihre Position, wohlwissend, dass sie sich letztlich vielleicht selbst aufgeben müssen.
Die Argumente gegen die erblichen Peers sind bekannt. Sie stellen für viele eine Antithese zur modernen Demokratie dar, indem sie Machtverhältnisse durch Vererbungen aus dem Mittelalter konservieren. Mit ironischen Spitzen wird die Absurdität dieser Institution hervorgehoben, etwa durch die komplizierten höfischen Protokolle beim Ansprechen der Adelsmitglieder oder durch die „peinliche“ Pflicht gewisser seiner Mitglieder, Strumpfhosen in der Öffentlichkeit zu tragen.
Die Stärke und Eigenartik der Institution ist schwer zu leugnen: Das House of Lords ist das älteste seiner Art, nur übertroffen in Größe von Chinas Nationalem Volkskongress. Es ist eine der wenigen weltweit verbleibenden Institutionen, die Mitglieder auf erblicher Basis in der Legislative behalten – eine Praxis, die neben Großbritannien hauptsächlich nur in Lesotho noch existiert. Zwar bringt diese Struktur mitunter eine gewisse humorvolle Note in die politische Debatte, doch ihrer Verantwortung in der modernen Demokratie wird sie oft nicht gerecht, wie die Worte des Journalisten Walter Bagehot betonen, der einst empfahl, die Lordsammlung persönlich zu besichtigen, um ihre Schwächen kennenzulernen.
Die Reform des House of Lords war immer ein heikles und langwährendes Unterfangen. Bereits 1999 schaffte es die Labour-Regierung, die Mehrheit der Erbpeers loszuwerden; allerdings überlebten 92 von ihnen als temporärer Kompromiss. Heute, über 25 Jahre später, scheint sich etwas zu bewegen: Eine historische Veränderung entfaltet sich, und auch wenn der Fortschritt schleppend beginnt, wie ein zeremonieller Marsch voller höfischer Förmlichkeiten und kulinarischer Pausen, so ist er dennoch da. Der langsame, aber stetige Wandel, den das House of Lords nun durchläuft, könnte seine älteste und am meisten umstrittene Versammlung grundlegend erschüttern.