Dioxinfund in Lebensmitteln schreckt Behörden auf
Düsseldorf/Hannover (dpa) - Nach der Entdeckung dioxinverseuchter Eier- und Geflügelproben sind Dutzende landwirtschaftliche Betriebe in mehreren Bundesländern ins Visier der Kontrolleure geraten. In Nordrhein-Westfalen wurden vorsorglich 14 Betriebe gesperrt.
In Niedersachsen geht es um rund 20 Legehennen-Betriebe, die täglich 400 000 Eier produzieren. Grund für die zum Teil deutlich überhöhten Dioxinwerte in Eiern und Hühnerfleisch soll verseuchtes Futter sein. In welchem Umfang belastete Lebensmittel in den Handel gelangten, war zunächst völlig offen.
Die Verunreinigungen seien auf einen Hersteller von Futterfetten aus Schleswig-Holstein zurückzuführen, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. Offenbar wurden in dem Betrieb über Wochen hinweg Fette zur Herstellung von Tierfutter mit technischen Fetten, die eigentlich zur Papierherstellung benutzt werden, vermischt. Noch ist unklar, ob dies aus Versehen oder vorsätzlich passierte - Industriefette sind billiger als Futtermittelfette.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa handelt es sich bei der Firma um die Harles und Jentzsch GmbH mit Sitz in Uetersen im Kreis Pinneberg. Für eine Stellungnahme war in dem Unternehmen am Freitag niemand zu erreichen. Unklar war zunächst auch, ob die Staatsanwaltschaft bereits Ermittlungen aufgenommen hat.
Schleswig-Holsteins Regierungssprecher Knut Peters bestätigte, dass die betroffene Firma vor einigen Tagen von sich aus das Kieler Umweltministerium darüber informiert hatte, dass es zu der Vermengung von Fetten gekommen sei. «Wir haben aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Hinweise darauf, dass die Dioxin-Belastungen von Eiern in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Uetersener Betrieb stehen.»
Nachdem zuerst in einem Betrieb im westfälischen Kreis Soest stark dioxinbelastete Eier- und Geflügelproben entdeckt worden waren, spürten die Kontrolleure nun auch in einem Betrieb im Kreis Steinfurt belastete Lebensmittel auf. Zwei von sechs Eierproben seien dort mehr als doppelt so stark mit Dioxin belastet gewesen als es der zulässige Grenzwert der Europäischen Union erlaube, teilte das Verbraucherschutzministerium Nordrhein-Westfalen mit.
Neben den vorsorglich gesperrten Betrieben sollen in den nächsten Tagen weitere Ställe Besuch von Kontrolleuren bekommen. Es geht vor allem um Legehennen- und Putenmastbetriebe.
In Niedersachsen wurden insgesamt sieben Mischfutterhersteller überprüft, die mit dem belasteten Fett der Firma aus Schleswig- Holstein beliefert wurden. Aber lediglich ein Betrieb aus Dinklage habe seinem Futter derart viel Fett beigemischt, dass es zu Überschreitungen der Dioxin-Grenzwerte kam, hieß es aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Nach Sachsen-Anhalt gelangten ersten Erkenntnissen zufolge etwa 55 Tonnen verunreinigter Futterfette.
Nach Angaben des Greenpeace-Experten Manfred Santen können Dioxine schon in kleinen Mengen krebserregend sein. «Dioxin hat in Nahrungsmitteln nichts zu suchen», sagte er. Allerdings seien die Substanzen - je nach Zusammensetzung - unterschiedlich giftig. «Das gefährlichste ist das Seveso-Dioxin.» Bei einem Chemieunfall hatte eine Dioxinwolke im Jahr 1976 das norditalienische Seveso verseucht.
Eine Verharmlosung von Dioxin in Lebensmitteln sei unverantwortlich, betonte der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel. Er rechne aber nicht damit, dass akute Gesundheitsgefahren bestünden, sofern belastete Produkte bereits verzehrt worden seien.